06.03.2020

Evangelische Kirchenvertreter: „Europa verliert Seele an EU-Außengrenze“

Chalupka, Hennefeld und Schröckenfuchs fordern Neustart für europäische Asylpolitik

„Die Humanisierung der Geschichte, und unsere eigene Menschlichkeit stehen auf dem Spiel.“ Foto: publicdomainpictures/George Hodan

Chalupka, Hennefeld und Schröckenfuchs fordern Neustart für europäische Asylpolitik

Wien (epdÖ) – In einer gemeinsamen Stellungnahme angesichts der Flüchtlingssituation in Griechenland und der Türkei haben der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka, der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld und der evangelisch-methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs Österreich und die Europäische Union dazu aufgerufen, sich nicht am politischen Spiel auf dem Rücken von Flüchtlingen zu beteiligen. „Europa verliert seine Seele an der EU-Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei und auf den griechischen Inseln“, warnen die Repräsentanten der drei evangelischen Kirchen. Die Ereignisse an der griechisch-türkischen Grenze zeigten „ein bis dato nicht dagewesenes Ausmaß der Gewalt gegen Menschen auf der Flucht“.

Werte, auf denen unser Europa gebaut ist, werden verraten

„Die Werte, auf denen unser Europa gebaut ist, werden verraten, wenn gegen schutzsuchende Menschen – Kinder, Frauen, Männer – mit militärischen Mitteln vorgegangen, Tränengas eingesetzt und der Einsatz von Warnschüssen diskutiert wird.“ Damit würden die europäische Nachkriegsordnung und die europäische Rechtsordnung, die auf Menschenwürde und Menschenrechten fuße, außer Kraft gesetzt. Die Rede von illegalen Migranten sei ebenso völlig verfehlt wie der Fokus auf Grenzschutz. „Hunderttausende Menschen fliehen vor dem Krieg, vor Bomben und Raketen, versuchen ihre nackte Existenz zu retten. Wir haben es mit einer humanitären Krise zu tun. Die Humanisierung der Geschichte, und unsere eigene Menschlichkeit stehen auf dem Spiel“, betonten die Repräsentanten der evangelischen Kirchen.

Keine Beteiligung an gewaltsamen Einsätzen

„So zynisch und menschenverachtend es ist, wenn die Türkei schutzsuchende Menschen als politischen Spielball missbraucht, die EU und Österreich dürfen dieses Spiel nicht mitspielen“, heißt es in der Stellungnahme. Griechenland und die EU werden aufgefordert, den Einsatz von Tränengas und Wasserwerfern gegen Schutzsuchende zu stoppen. Österreich dürfe sich auf keinen Fall mit Polizisten an gewaltsamen Einsätzen an der EU-Außengrenze beteiligen. Verlangt werden zudem eine Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln, humanitäre Korridore für Schutzsuchende, Resettlementprogramme sowie eine Bereitstellung von Mitteln aus dem österreichischen Auslandskatastrophenfonds.

Neustart für europäische Asylpolitik

„Wir fordern einen Neustart der europäischen Asylpolitik, bei dem die Interessen der Mitgliedstaaten und der Schutzsuchenden gleichermaßen berücksichtigt werden“, so Chalupka, Hennefeld und Schröckenfuchs. „Hot Spots“ an den europäischen Außengrenzen seien kein gangbarer Weg: Asylsuchende zu inhaftieren verstoße ebenso gegen geltendes europäisches Recht, wie sie einfach zurückzuschicken. „Als Christinnen und Christen appellieren wir an alle Verantwortungsträger, Flüchtlinge als das zu betrachten und zu behandeln, was sie sind: Menschen.“

Die Stellungnahme im vollen Wortlaut finden Sie hier.

ISSN 2222-2464

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