Evangelisch von A bis Z

A – Allgemeines Priestertum aller Glaubenden; A.B. und H.B.

„Wer aus der Taufe kriecht, der ist Priester, Bischof und Papst.“ (Martin Luther)

Mit Rückgriff auf das Neue Testament wird in der Reformation die Trennung zwischen Klerus und Laien aufgehoben und damit allen Getauften jene Würde zurückgegeben, die sie als Gottes Geschöpfe haben und in der Taufe zugesprochen bekamen. Dies bedeutet auch, dass alle Ämter der Kirche als Dienste und Funktionen verstanden werden und keine Hierarchie bilden.

A.B. ist die Abkürzung für Augsburger Bekenntnis. 1530 legten die evangelischen Stände ihr Bekenntnis am Reichstag zu Augsburg Kaiser Karl V. vor. Der Verfasser war Philipp Melanchthon, Freund und Mitarbeiter Luthers. Dieses Bekenntnis hat bis heute Gültigkeit und findet sich im Evangelischen Gesangbuch (EG) unter der Nummer 806.2.

H.B. bedeutet Helvetisches Bekenntnis und erinnert an die Reformation, die von den beiden bedeutenden Reformatoren der Schweiz, Huldreich Zwingli und Johannes Calvin, ausgegangen ist. In Österreich leben Lutheraner (A.B.) und Reformierte (H.B.) in einer engen Kirchengemeinschaft.

B – Bibel und Bekenntnis

Mehrere Buchrücken verschiedener Bibelausgaben. Foto: epd/Uschmann

Für evangelische Christinnen und Christen ist die Bibel (Altes und Neues Testament) die schriftliche Quelle des Glaubens schlechthin. Das schließt einen historisch-kritischen Umgang mit den Büchern der Bibel mit ein, da diese von Menschen geschriebene Glaubenszeugnisse sind – in einem Zeitraum von rund 1.000 Jahren verfasst.

Die Bekenntnisse unserer Kirche – zum Beispiel das so genannte Apostolische Glaubensbekenntnis (EG 804) – sind in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten ausformuliert worden. Sie verbinden daher alle christlichen Kirchen. Darüber hinaus hat jede Zeit ihre eigenen Bekenntnisse formuliert. Und letztendlich ist jede Bezeugung des christlichen Glaubens ein Bekenntnis.

C – Christsein

„Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein Knecht aller Dinge und jedermann untertan durch die Liebe.“ (Martin Luther)

Jesus hat seine Jüngerinnen und Jünger in die Nachfolge berufen, das heißt sie sollten und sollen nach seinen Grundsätzen leben und handeln. Noch in biblischer Zeit wird die Bezeichnung „Christen“ für die jesuanische Bewegung geläufig. Christinnen und Christen nennen sich nach Christus; dies wiederum ist die griechische Übersetzung des hebräischen Wortes „Messias“, des verheißenen Retters.

D – Diaspora und Diakonie (griechisch)

Diaspora meint „zerstreut“. In diesem Sinn wird es auch für Christinnen und Christen verwendet, die vereinzelt in heidnischer Umgebung lebten. In Österreich leben evangelische Christinnen und Christen seit der Zeit der Gegenreformation im 16. Jahrhundert weitgehend in der Diaspora (rund 3 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sind evangelisch).

Die Diakonie (www.diakonie.at) hat sich als kompetente Hilfsorganisation der Evangelischen Kirche in Österreich etabliert. Diakonie geschieht auf vielerlei Weise in Pfarrgemeinden und in speziellen Einrichtungen (Gallneukirchen, Treffen, Waiern u.a.).

E – Evangelium (griechisch)

Wird am besten mit „Gute Botschaft“ übersetzt. Die ersten vier Bücher des Neuen Testaments werden „Evangelien“ genannt, weil sie vom Leben, Sterben und der Auferweckung Jesu berichten. Deren Verfasser sind daher die vier „Evangelisten“: Matthäus, Markus, Lukas und Johannes.

F – Frauen in der Kirche

Drei lachende Frauen. Foto: epd/Uschmann

Bereits im Neuen Testament werden Frauen genannt, die zum Jüngerkreis Jesu zählen. Auch unter den Mitarbeitern des Paulus finden sich Frauen. Seit rund 100 Jahren können Frauen in Österreich Theologie studieren, seit 1965 werden Frauen zum geistlichen Amt ordiniert, seit 1980 sind sie Männern im Pfarrdienst völlig gleichgestellt.

In der Evangelischen Frauenarbeit (www.frauen-evang.at) werden frauenspezifische Anliegen aufgenommen und umgesetzt. Der jährliche Weltgebetstag der Frauen wird in vielen Gemeinden am ersten Freitag im März in ökumenischer Weise gefeiert.

G – Gottesdienst und Gesangbuch

Martin Luther wollte, dass die versammelte Gemeinde möglichst aktiv am Gottesdienst beteiligt ist. Dies verwirklichte er durch die Übersetzung der lateinischen Messe, aus der sich unsere gottesdienstliche Feier entwickelt hat. Evangelischer Gottesdienst hat zwei Höhepunkte: die Predigt und das Heilige Abendmahl. Durch das Singen der Lieder und durch gemeinsame Gebete wird die Gemeinde besonders zur Mitfeier angeregt. Das in den evangelischen Gemeinden verwendete Gesangbuch (EG) stammt aus dem Jahr 1994 und enthält neben den Liedern auch Psalmen, Gebete sowie eine Übersicht über den Ablauf der gottesdienstlichen Feier.

H – Heimatgemeinde

Mit der Feier der Taufe oder dem erklärten Eintritt in die evangelische Kirche wird jede/r auch Mitglied in einer bestimmten Pfarrgemeinde. Im Laufe des Lebens ist es auch möglich, eine andere Pfarrgemeinde als „geistliche Heimat“ zu wählen. Das Gefühl der Beheimatung kann sich freilich nur dann einstellen, wenn ich weiß, wo meine Kirche ist, und ich auch sonst den „Hausbrauch“ kenne.

I – Irren ist menschlich

Auch Pfarrerinnen und Pfarrer haben Fehler. Wo Menschen zusammen sind, da „menschelt“ es. Hier bilden evangelische Pfarrgemeinden keine Ausnahme. Jeder Christ, jede Christin hat jedoch die Chance, an einem jeden Tag neu anzufangen, um Gottes Erbarmen zu bitten und dies auch dem anderen zuzugestehen.

J – Juden und Christen

Jesus war ein Jude. Die Bibel der ersten Christen war die hebräische Bibel, das Alte Testament, wie es weithin genannt wird. Paulus warnt die Christen in Rom, sich nicht über das Volk Israel zu stellen (vgl. Römer 11,18). Dennoch kam es bald zu einer Art christlichem Antisemitismus. Über die Jahrhunderte hinweg wurden Juden diskriminiert, durch Pogrome verfolgt bis hin zur Shoa im 20. Jahrhundert. Seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts gibt es einen fruchtbaren jüdisch-christlichen Dialog. In Österreich nimmt der so genannte Koordinierungsausschuss diesen wahr (www.christenundjuden.org).

K – Kirchengebäude – Kirchenbeitrag – Kirchengemeinschaft

Das Wort Kirche ist vieldeutig. Zunächst wird an ein Gebäude gedacht, das Raum und Atmosphäre für Gebet und Gottesdienst bietet. Evangelische Kirchen zeichnen sich bei uns meist durch Einfachheit und Klarheit aus.

Der Kirchenbeitrag ist jener Beitrag, der von erwachsenen Gemeindegliedern erwartet wird (rund 1 Prozent des Jahresbruttogehalts), um Pfarrerinnen und Pfarrer bezahlen zu können, ärmere Gemeinden zu unterstützen und vieles mehr. Bei der jährlichen Sammlung (Vorschreibung) des Kirchenbeitrags wird auch informiert, wofür das Geld dient.

Kirchengemeinschaft zwischen A. und H.B. ist in Österreich altbewährt. Seit einigen Jahren gibt es auch eine enge Gemeinschaft mit der Evangelisch-methodistischen Kirche. Alle drei Kirchen zählen zur GEKE (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa), zur KEK (Konferenz Europäischer Kirchen) sowie zum ÖRK (Ökumenischer Rat der Kirchen – www.oekumene.at).

L – Luther und die Lebenslust

Christsein in evangelischer Tradition ist eine fröhliche Sache. Die so genannten Tischreden, die Einblick geben in den Alltag des Reformators Martin Luther, zeigen, dass der einstige Mönch dem Leben zugeneigt war und Ehe, Familienleben, Musik und gutes Essen und Trinken auch dankbar genießen konnte. Die Freude an Gottes Schöpfung und die Bejahung des Lebens führen freilich auch zum Anliegen, die Schöpfung zu bewahren und das Leben zu schützen und zu fördern.

M – Musik – Mission

Sängerinnen und Sänger singen im Gottesdienst. Foto: epd/Uschmann

Manchmal bekannter als die evangelische Kirche selbst ist die evangelische Kirchenmusik, vor allem jene von Johann Sebastian Bach. Seit dem 16. Jahrhundert spielen Musik und Gesang eine bedeutende Rolle im Gottesdienst und im kirchlichen Leben. Das Mitsingen in einem Chor bringt Menschen aus unterschiedlichen Schichten und Bereichen zusammen und motiviert zum Gotteslob.

Das Stichwort Mission hat bei manchen keinen guten Klang. Es geht aber dabei schlicht um das Bezeugen des eigenen Glaubens durch Wort und Tat. Christlicher Glaube ist sich niemals selbst genug, sondern wendet sich dem Nächsten zu.
Weiter Informationen zum Thema Kirchenmusik finden Sie hier.

N – Nächstenliebe

Durch die sprichwörtlich gewordene Geschichte vom Barmherzigen Samariter zeigt Jesus, dass die Nächstenliebe der Gottesliebe zugeordnet ist und alle menschlichen Schranken überschreitet. Aus diesem christlichen Selbstverständnis heraus entstanden diakonische Einrichtungen, Fürsorge und eine klare Option für die Armen in der ganzen Welt. Nächstenliebe ist aber nur möglich, wenn ich mich selbst angenommen und geliebt weiß.

O – Ostern und andere Feste

Der christliche Jahreskreis zeichnet sich aus durch einen Wechsel von festlicher und festloser Zeit. Das älteste Fest der Christenheit ist Ostern, die Feier der Auferstehung Jesu, des Sieges des Lebens über den Tod. Die meisten Gedenktage und Christusfeste werden in ökumenischer Eintracht gefeiert. Es gibt aber auch speziell evangelische Feiertage wie etwa das Reformationsfest (31. Oktober) zum Gedenken an den Thesenanschlag Luthers oder den Karfreitag in Erinnerung an Jesu Kreuzigung und Tod.

P – Pfarrer*innen

Nach der Augsburger Konfession, Artikel 5, braucht es für den christlichen Glauben das Predigtamt zur Verkündigung des Evangeliums und zum Spenden der Sakramente. Die Ordination ermächtigt besonders ausgebildete Männer und Frauen (Theologiestudium) in den protestantischen Kirchen zur Übernahme eines Pfarramts.

R – Reformation und Rechtfertigungslehre

2017 wurde in der protestantischen Welt das 500-jährige Jubiläum der Reformation begangen. Durch die vom Mönch Martin Luther in Wittenberg ausgelöste Diskussion über die Reformnotwendigkeit der mittelalterlichen Kirche kam es zum Ausschluss der Anhänger der Reformation aus der Römisch-katholischen Kirche und schließlich zur Gründung der protestantischen Kirchen. Luther selbst wurde durch intensives Studium der Bibel deutlich, dass Gott nicht durch menschliche Leistung und Können gnädig gestimmt werden kann noch braucht. Vielmehr hat sich Gott selbst für uns schuldhafte Menschen in Jesus von Nazareth hingegeben und uns damit vor Gott „recht gemacht“. Der Einsatz für andere ist Weitergabe dessen, was Gott für uns getan hat.

S – Sakramente

Sakramente sind Zeichenhandlungen, die Gottes Liebe zu uns Menschen sichtbar und spürbar machen wollen. Sie werden durch begleitende Worte verdeutlicht. Die evangelische Kirche kennt zwei Sakramente: die Taufe am Beginn des Weges eines Christenmenschen und das Heilige Abendmahl als Stärkung auf diesem Weg. Aus der Vielzahl der Sakramente in der Römisch-katholischen Kirche wurde an diesen beiden festgehalten, weil es für sie auch biblische Grundlagen gibt.

T – Talar

Die liturgische Kleidung eines evangelischen Pfarrers/einer Pfarrerin ist ein schwarzer Mantel, der sich aus der akademischen Amtstracht entwickelt hat. Dazu gehören die so genannten Beffchen, ursprünglich als „Latz für den Bart“ gedacht, heute Zeichen, welcher protestantischen Kirche der/die Betreffende angehört. Der schwarze Talar wurde erst im 19. Jahrhundert durch den Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. obligatorisch. Seit etlichen Jahren tragen manche Pfarrerinnen und Pfarrer zur Feier der Sakramente oder der Christusfeste (Weihnachten und Osternacht) auch einen weißen Talar (Albe) mit einer Stola.

U – Unterricht

Jedes evangelische Kind hat in Österreich Anspruch auf Unterricht im Fach Evangelische Religion. Als Religionslehrer und -lehrerinnen arbeiten Pfarrer und Pfarrerinnen, aber auch speziell ausgebildete Lehrkräfte. Durch die konfessionelle Bindung des Religionsunterrichts lernen die Schülerinnen und Schüler ihre eigene Tradition kennen und sprechen von diesem Standpunkt aus „über Gott und die Welt“.

V – Verantwortung

In den protestantischen Kirchen ist das Urteilsvermögen des Einzelnen entscheidend. Jeder ist für sein Leben vor Gott verantwortlich. Darum ist das Hören auf die so genannte innere Stimme (Gewissen) ein Kennzeichen protestantischer Frömmigkeit. In der Gemeinschaft einer evangelischen Pfarrgemeinde werden der Einzelne und sein Urteilsvermögen ernst genommen und zugleich durch das gemeinsame Bekenntnis entlastet.

W – Wasser und Wunder

Unruhige Wasseroberfläche. Foto: epd/Uschmann

Im Land der Bibel ist Wasser ungleich kostbarer als in Österreich. Dennoch ist und bleibt auch bei uns Wasser Sinnbild für Leben überhaupt. So ist Wasser das Zeichen bei der Taufe. Dabei ist klarzustellen, dass das Taufwasser kein Zaubermittel ist, das den getauften Christen, die Christin, vor jedem Unheil bewahrt. Das Wunder besteht vielmehr darin, dass Gottes Segen uns Menschen begleitet, auch und erst recht in schweren Zeiten.

X – X-mas

Mit X-mas wird heute nicht bloß in englischsprachigen Ländern das Weihnachtsfest kurz bezeichnet. Da es sich ja um den „Geburtstag“ des Christus handelt, dessen Anfangsbuchstaben CH im Griechischen mit X geschrieben werden, ist die Abkürzung zutreffend. Weihnachten wurde in den westlichen Kirchen im 4. Jahrhundert auf ein altes römisches Fest zur Wintersonnenwende gelegt (24./25. Dezember): Das Licht Gottes ist durch die Geburt Jesu in dieser Welt erschienen.

Y – Yoga und andere fernöstliche Praktiken

Drei tibetische Mönche streuen ein Sand-Mandala. Foto: epd/Uschmann

In den letzten Jahrzehnten sind Yoga und fernöstliche Meditationstechniken auch bei uns in Mode gekommen. Die evangelische Frömmigkeit kennt ebenfalls Orte, Zeiten und Haltungen, die zu Stille und Gebet besonders einladen. Dabei kann durchaus auch so manche Übung, die nicht aus dem christlichen Kulturkreis stammt, hilfreich sein. Allerdings ist sehr darauf zu achten, welche Ideologie oder auch welcher „Guru“ (Meister) hinter der jeweiligen Technik steht. Sobald die persönliche Glaubens- und Gewissensfreiheit beschnitten wird, ist dringend ein Weltanschauungsreferat aufzusuchen. Dieses finden Sie in jeder Diözese.

Z – Zukunft

„Wir sind es nicht, die die Kirche erhalten. Die vor uns gewesen sind, waren es auch nicht. Und die nach uns kommen, werden es auch nicht sein. Sondern allein Christus Jesus.“ (Martin Luther)

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