Bibelübersetzungen im Überblick
Bibel ist nicht gleich Bibel – die Übersetzung macht den (feinen) Unterschied!
„Die“ Bibel gibt es nicht, jedenfalls nicht in der deutschen Sprache, wo es eine Vielzahl an Übersetzungen gibt und laufend weitere entstehen, die sich an unterschiedliche Zielgruppen wenden und (neue) Leser*innen für das Buch der Bücher gewinnen möchten. Unübersichtlich ist der Markt jedenfalls. Natürlich – der Inhalt ist letztlich immer der gleiche, verschieden ist jedoch die Art, wie die hebräischen (Altes Testament) bzw. griechischen (Neues Testament) Grundtexte wiedergegeben werden. Der Balance-Akt zwischen „Wort“ und „Sinn“ist schließlich alles andere als einfach. Sollen die Leser*innen möglichst nahe an den Ausgangstext herangeführt werden oder wird der biblische Text in eine den Leser*innen aus ihrem Alltag vertraute Sprache von heute übertragen?
Luther, Zürcher & Co.
Zu den „philologischen Übersetzungen“, deren Anliegen es ist, jeweils in gehobener literarischer Sprache den Ursprungstext angemessen wiederzugeben, gehört beispielsweise die zum Reformationsjubiläum 2017 neu revidierte Lutherbibel, die auch als Schulbibel-Ausgabe in Österreich im Angebot ist. Dass mit der Revision der Lutherbibel deren Text deutlich anspruchsvoller wurde, weil es unter anderem darum ging, die feierliche „Luther-Sprache“ und damit einen dem Gottesdienst entsprechenden Charakter im Gegensatz zu früheren Revisionen wieder deutlicher zur Geltung zu bringen, macht diese – auch auf den wissenschaftlich neuesten Stand gebrachte Bibelausgabe – nicht immer unmittelbar zugänglich. Wobei gerade die starken Bilder und Formulierungen beispielsweise der Psalmen oder prophetischer Texte in der Lutherbibel einzigartig sind und auch religionspädagogisches Potential enthalten. Weniger traditionell geprägte Formulierungen, aber ein genauso hohes theologisches und sprachliches Niveau bietet die Zürcher Bibel; auch sie – als reizvolle Alternative – ist im Rahmen der Schulbuchaktion angeboten. Auch die (rein katholisch überarbeitete) Einheitsübersetzung ist in ihrer Revision von 2016 deutlich anspruchsvoller in den Formulierungen geworden. Zu den philologischen Übersetzungen gehört natürlich auch die nicht unumstrittene „Bibel in gerechter Sprache“, um die es seit ihrem Erscheinen 2006 recht still geworden ist.Kommunikativ: Die Gute-Nachricht-Bibel
Stärker auf Verständlichkeit angelegt sind sogenannte „kommunikative“ Übersetzungen; prominenteste Vertreterin ist die Gute-Nachricht-Bibel. Ihr Text ist etwas umfangreicher, weil schwierige Worte und Sachverhalte umschrieben werden. Dafür ist die Gute-Nachricht seit Jahrzehnten nicht nur als Schulbibel, sondern auch in der Jugendarbeit etabliert. Trotz ihres Fokus auf die Verständlichkeit ist die Gute-Nachricht-Bibel wissenschaftlich genau erarbeitet worden. Gerade der Bereich der kommunikativen Übersetzungen hat ansonsten zahlreiche Neuerscheinungen – vor allem aus dem eher evangelikalen Raum – erlebt. Wo sich allerdings eine Übersetzung als deutsche Fassung einer englischen Bibel verrät, oder sie ein Ein-Mann-Unternehmen ist, das verschiedene deutsche und englische Übersetzungen nebeneinander gelegt und daraus „etwas Eigenes“ gemacht hat, gilt, dass sie für evangelische Religionslehrer*innen tabu sein sollten, so attraktiv Preis oder Cover-Gestaltung und Werbetext auch sein mögen.Neu: Die BasisBibel
Ein wirklich neues Übersetzungskonzept hat allerdings die von Anfang an „crossmedial“ konzipierte, d.h. für das Lesen in einem Buch wie an einem digitalen Endgerät geeignete, BasisBibel vorgelegt: Bereits seit 2012 lagen das Neue Testament und die Psalmen in dieser Übersetzung vor; am 21.1.2021 ist endlich die vollständige BasisBibel, Altes und Neues Testament, erschienen. Diese Übersetzung hat das Anliegen, Verständlichkeit und Nähe zum Ausgangstext möglich zu machen. Sie verbindet wissenschaftliche Exaktheit mit einer leicht zugänglichen Sprache, denn jeder Satz hat maximal 16 Worte – und nicht mehr als einen Haupt- und einen Nebensatz. Schwierige Begriffe wie beispielsweise „Barmherzigkeit“ oder „Gnade“ bleiben daher im Text erhalten und werden nicht umschrieben, sondern in der gedruckten Version am Seitenrand erklärt bzw. in der digitalen Version verlinkt. Gerade mit der Bibel weniger Vertraute hat diese Bibelübersetzung, die die Evangelische Kirche in Deutschland neben der „offiziellen“ Lutherbibel ausdrücklich empfohlen hat, als Zielgruppe. In Österreich wird vielerorts in den Gemeinden mit der BasisBibel gearbeitet; eine mögliche Aufnahme der BasisBibel in die Schulbuchaktion wird ebenfalls geprüft; sie wird aber gegebenenfalls eine etwas längere Vorlaufzeit benötigen.
Das von der Ausgabe des Neuen Testaments und der Psalmen gewohnte, sehr lockere Schriftbild, das jedem neuen Vers eine neue Zeile und jedem Satzteil bzw. Gedanken ebenfalls eine eigene Zeile zugesteht, also der Text gesetzt ist wie ein Gedicht, hat sich für die Gesamtausgabe als eher „schwergewichtig“ erwiesen. Die „Komfortausgabe“hat einen Umfang von knapp 3000 Seiten und wiegt 1,75 Kilo…. Bei der „nur“ 1.968 Seiten umfassenden „Kompaktausgabe“ ist der Text wie bei einem Roman fortlaufend und damit platzsparend gesetzt. Diese Ausgabe war produktionstechnisch eine große Herausforderung – die Einführungen in die biblischen Bücher sind herausgefallen, ein extrem dünnes Papier musste verwendet werden. Ob es sich gelohnt hätte, statt redundant sich wiederholende Begriffe am Rand zu erklären, diese in einem Glossar im Anhang zusammenzufassen?
Leichte Sprache und Dialekt
Dann gibt es natürlich noch Übertragungen der Bibel. Hier mag ein Projekt, das allerdings nur ausgewählte Evangelientexte übersetzt hat, auch für Religionslehrer*innen interessant sein, vor allem, wenn Schüler*innen nicht-deutscher Muttersprache oder mit Förderbedarf zur Klasse gehören: das „Evangelium in leichter Sprache“. Zunächst für Menschen mit besonderen Bedürfnissen konzipiert, erfreuen sich die leicht als PDFs aus dem Internet herunterladbaren Texte wachsender Beliebtheit (www.evangelium-in-leichter-sprache.de). Die „Volxbibel“, die biblische Texte aktualisierend-verfremdend in Ruhrgebiets-Slang überträgt, bietet sich für den Religionsunterricht in Österreich weniger an. Fürs Neue Testament bleibt „Da Jesus und seine Hawara“ ein Klassiker, der bei Schüler*innen das Eis für die Bibel brechen kann. Und wenn wir beim Wiener Dialekt sind: Roland Kadans Übertragungen alttestamentlicher Texte („Da David und sei Pantscherl“ bzw. „Da Josef und seine Briada“) sind mit theologischem und philologischem Wissen und einer Prise Humor entstanden…Jutta Henner