29.04.2020

Diakonie-Direktorin Moser vermisst „palliativen Pandemie-Plan“

Plädoyer für „Vorsorgedialoge“ und Abwägung von Heilungschancen

„So wie vor Corona gestorben wurde und nach Corona gestorben werden wird, wird auch mit Corona gestorben. Das gilt es in den Blick zu nehmen.“ Foto: publicdomainpictures

Plädoyer für „Vorsorgedialoge“ und Abwägung von Heilungschancen

Wien (epdÖ) – Einen „palliativen Pandemie-Plan“ und damit eine bewusste Auseinandersetzung mit dem Sterben vermisst die Direktorin der evangelischen Diakonie, Maria Katharina Moser, in der Coronakrise besonders. In einem Gastkommentar für die Wochenzeitung „Die Furche“ (23. April) schreibt Moser: „Haben wir ausreichend Kapazitäten, um sicherzustellen, dass alle Patienten eine optimale Palliativversorgung bekommen? Neben Virologinnen und Epidemiologen, Infektiologen und Intensivmedizinerinnen auch Stimmen aus der Palliativmedizin und Hospizbewegung zu hören wäre wichtig für ein ganzheitlicheres und wohl informiertes Bild“, dass auch dazu führe, „Horrorgeschichten“ aus Krankenhäusern und Pflegeheimen „den Stachel zu ziehen“.

Der ausschließliche Blick auf die intensivmedizinische Versorgung suggeriere, jede an Covid-19 erkrankte Person benötige ein Intensivbett: „Jede. Nicht: Jede, die es braucht.“ Moser plädiert hingegen, zu fragen, wie es um Heilungschancen stehe und ob eine intensivmedizinische Betreuung der betroffenen Person nicht mehr schaden als nutzen würde. Hierzulande tendiere man hingegen eher zur Übertherapierung.

Dazu käme die Gefahr einer Intensivbehandlung ohne Einholung des Patientenwillens – oft aus Zeitdruck. In zahlreichen Pflegeeinrichtungen wie etwa denen der Diakonie sei man daher zu „Vorsorgedialogen“ übergegangen, bei denen mit Bewohnerinnen und Bewohnern rechtzeitig über ihre Wünsche in puncto Sterben gesprochen würde. Solche Gespräche sowie „Festlegungen zu Therapieeskalation bzw. Therapielimitation“ brauche es auch vor einer stationären Aufnahme im Falle von Covid-19.

„So wie vor Corona gestorben wurde und nach Corona gestorben werden wird, wird auch mit Corona gestorben. Das gilt es in den Blick zu nehmen. Nicht weil wir vor dem Virus kapitulieren, sondern weil sich der ‚Erfolg‘ im Umgang mit der Corona-Krise auch daran bemisst, welche Sterbekultur wir pflegen“, so Moser. Darüber, wie die Sterbephase bewusst gestaltet und Raum für die Verarbeitung des eigenen Todes und der Lebensgeschichte gegeben werden könne, und das bei bestehenden Distanzgeboten und Besuchsverboten, sei gerade jetzt, wo Lockerungen bevorstehen, nachzudenken.

ISSN 2222-2464

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