Bischof Chalupka ließ sich im Wimmer-Gymnasium zum Klimaschutz beraten
Schüler*innen: Schuldzuweisungen an Eltern- und Großelterngeneration sind falscher Weg
Schüler*innen: Schuldzuweisungen an Eltern- und Großelterngeneration sind falscher Weg
Oberschützen (epdÖ) – Wie denken junge Menschen über den Klimawandel? Welche Veränderungen braucht es? Im „Jahr der Schöpfung“, das die Evangelischen Kirchen in diesem Jahr begehen, besucht Bischof Michael Chalupka Schulen in ganz Österreich, um sich von Schülerinnen und Schülern beraten zu lassen. Am Freitag, 29. April, war er im evangelischen Wimmer Gymnasium in Oberschützen zu Gast, denn, so der Bischof, „es wird Zeit auf die Stimmen der Enkelgeneration zu hören“. Dass ein Bischof in die Schule kommt und sich von Schüler*innen beraten lässt, sei ein Novum, sagte die Vorsitzende des Schulwerks Oberschützen, Superintendentialkuratorin Christa Grabenhofer. Dabei gehe es um ein Thema, das „jungen Menschen unter den Nägeln brennt“.
Schuldzuweisungen an die Eltern- oder Großelterngeneration sind der falsche Weg, waren sich die Schülerinnen und Schüler in Oberschützen einig. Stattdessen brauche es den Zusammenhalt zwischen allen Generationen, forderte Anna aus der Oberstufe. Wut bringe nichts, vielmehr sei Interagieren nötig, „dass sich alle gemeinsam engagieren, damit unsere Kinder und Enkel das vielleicht anders erleben dürfen“.
Veränderung werde zu oft unter dem Blickpunkt des Verzichts gesehen, was die Schülerinnen und Schüler selber oft anders erlebt haben. Gerade etwa beim Thema der vegetarischen oder veganen Ernährung gehe es nicht um dogmatische Einstellungen, sondern um notwendige Akzeptanz und Bewusstseinsänderung. „Heute können wir uns ja über leicht zugängliche Dokus viel besser über die negativen Seiten des Fleischkonsums informieren als es für unser Eltern möglich war“, meinte Lorenz. Damals hätte Fleisch einen ganz anderen Stellenwert gehabt, heute sollte Fleisch ein Luxusprodukt sein, „man braucht es nicht jeden Tag“.
„Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie anpassungsfähig wir Menschen sind“, merkte Kilian an und zeigte sich zuversichtlich, dass auch ein klimaschonendes Verhalten möglich sei. „Mit Veränderungen muss ich selber beginnen, meinen inneren Schweinehund überwinden, und nicht darauf warten, bis andere etwas verändern“, betonte Markus. Bewusstseinsprozesse laufen langsam, warf der Bischof ein, gerade auch Eltern lernten viel von ihren Kindern, wenn sie dazu bereit seien. Marvin erzählte von seinem Umstieg auf vegetarische Ernährung, die am Anfang durchaus Irritationen zu Hause ausgelöst habe. Außerdem meinten viel zu viele Eltern noch, man brauche „Burschen nicht das Kochen beizubringen“. Beim Thema der Ernährung gehe es auch um ethische Aspekte und umweltfreundliches Verhalten, zeigte sich Marvin überzeugt. Er habe inzwischen einen Mittelweg gefunden und esse einmal in der Woche Fleisch. Dabei sei ihm die Herkunft des Fleisches und das Tierwohl wichtig.
Dass es weniger um Verzicht als um Umgewöhnung geht, habe er auch bei seinem Umstieg aufs E-Auto erfahren, sagte der Bischof und brachte damit das – gerade in ländlichen Strukturen – schwierige Thema der Mobilität ins Spiel. Kilian, dessen Eltern ihm „immer viel ermöglicht haben“, schilderte seine ersten Zugfahrten alleine als Siebenjähriger. Heute brauche es „viel mehr Bewusstsein für öffentliche Verkehrsmittel“, Kinder sollten früh daran gewöhnt werden. Das sei gerade im Südburgenland nicht einfach, weiß Anna, die für ihren 23 km langen Schulweg mit dem öffentlichen Bus fast zwei Stunden benötigen würde.
Die Kirchen hätten über viele Jahrhunderte gelernt, „dass es so etwas wie Umkehr gibt“, erklärte Bischof Chalupka. Statt apokalyptisch von der Klimakatastrophe zu reden, brauche es positive Bilder der Hoffnung, denn „mit Angst und Schrecken wird man keine Bewusstseinsänderung erreichen können“.
Die Kirchen könnten jedoch nur zu einer positiven Veränderung beitragen, „wenn sie selber glaubwürdig agieren“. Chalupka berichtet vom Klimaschutzkonzept, das in der Evangelischen Kirche erarbeitet werde. Bis 2040 sollen alle Pfarrgemeinden und Einrichtungen klimaneutral sein. Auf dem Weg dorthin gebe es noch einiges zu tun, derzeit seien etwa noch in 28 Pfarrgemeinden Ölkessel in Verwendung. Die Kirche helfe beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen, gerade das „Jahr der Schöpfung“ sei ein wichtiger Beitrag, um Bewusstsein zu schaffen. Neben Veränderungen bei den Gebäuden und bei der Energieversorgung stünden dabei auch ein klimafreundliches Beschaffungswesen und eine CO2-freie Mobilität im Fokus.
Beeindruckt zeigt sich der Bischof in Oberschützen von den zahlreichen Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit, die die Schülerinnen und Schüler vorstellten. Ein „Fairtrade-Point“ bietet in der Schule ein umfangreiches Angebot an Produkten, die „mit gutem Gewissen“ konsumiert werden können, gleichzeitig komme damit auch die Situation der Produzenten in den Blick. Eine „Waldwoche“, bei der Schülerinnen und Schüler in die Forstarbeit eingebunden werden und den Lebensraum Wald kennenlernen, helfe, „verantwortungsvoll mit unserem Planeten umzugehen“. Bei mehreren Aktionen wie zuletzt vor Ostern wurden über vegetarische Speisenangebote Spenden gesammelt, die auch Flüchtlingen aus der Ukraine zugute kamen ebenso wie Care-Pakete, die Schüler*innen und Lehrer*innen für ein Flüchtlingscamp in Rumänien an der Grenze zur Ukraine schnürten.
Informationen über die aktuelle Klimaschutzarbeit der Evangelischen Kirche finden Sie auf: evang.at/umwelt-und-klimaschutz
Mehr zum „Jahr der Schöpfung“ auf: evang.at/schoepfung2022
ISSN 2222-2464