02.10.2019

Theologe Körtner kritisiert zu hohe Erwartungen an Klimapolitik

„Schöpfungsglauben nicht mit Weltrettungsprogramm verwechseln“

Die Politik müsse in der Klimafrage handeln, der Realität der Folgen des Klimawandels sei jedoch ebenso ins Auge zu sehen, meint Ulrich Körtner. Foto: pexels

„Schöpfungsglauben nicht mit Weltrettungsprogramm verwechseln“

Wien/Frankfurt (epdÖ) – In einem Gastkommentar für das deutsche Onlineportal evangelisch.de hat der Wiener Theologe Ulrich H.J. Körtner die – aus seiner Sicht – überzogenen Erwartungen an die Klimapolitik eingedämmt. Trotz der verstärkten Aufmerksamkeit für das Thema dank der Fridays-for-Future-Bewegung (FFF) würden die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens wohl dennoch nicht erfüllt. Dieser Realität gelte es ins Auge zu sehen und daraus Handlungsoptionen zu gewinnen – was Maßnahmen gegen die Erderwärmung aber nicht ersetze.

Gott nur mehr „Motivator“ für Klimaschutz

Kritik äußert Körtner an der kirchlichen Unterstützung für die Klimabewegung unter dem Leitbegriff der Bewahrung der Schöpfung: „Auch die Kirchen haben sich dem Klimaschutz verschrieben. Der biblische Schöpfungsglaube ist aber nicht mit einem Weltrettungsprogramm zu verwechseln, das allein auf den Schultern der Menschen ruht“, schreibt Körtner. Aus dem Blick gerate der Glaube an „Gottes fortlaufendes Schöpfungshandeln“. Gott werde damit auf die Rolle als „Motivator“ für den Klimaschutz reduziert. Für unangemessen hält Körtner auch „apokalyptische Narrative“, die den Diskurs um die Erderwärmung prägten. Körtner zitiert den deutschen Literaturwissenschaftler Klaus Vondung: „Die Bedrohung unserer Lebenswelt ist eine Sache, eine andere die Angst vor dem Weltuntergang, und noch eine andere die Art und Weise, in der sich die Angst äußert, in der man über sie redet und sie zu bewältigen sucht.“

Vergleiche von FFF-Gallionsfigur Greta Thunberg mit Jeanne d´Arc oder mit biblischen Propheten – die deutsche Grüne Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, hatte Parallelen zum Propheten Amos gezogen – sind für Körtner ebenso fehl am Platz. „Inwiefern man im vorliegenden Fall dennoch von quasireligiöser Verehrung und von der Klimaschutzbewegung als moderner Religion sprechen kann, ist jedenfalls eine weit komplexere Frage als manche Beobachter meinen. Radikalität und kompromissloser Rigorismus, der religiöse Züge trägt, zeichnen allerdings Teile der Klimaschutzbewegung aus“, so Körtner.

Gefahr für freiheitliche Gesellschaft

In einer übersteigerten Wissenschaftsgläubigkeit der Fridays-for-Future-Bewegung sieht Körtner wiederum eine potenzielle Gefahr für „eine freiheitliche Gesellschaft und ihren sozialen Zusammenhalt, weil die Kosten, die für rigorose umweltpolitische Maßnahmen zu zahlen sind, in der Gesellschaft möglicherweise sehr unterschiedlich verteilt werden“. Körtner betont explizit, die Erkenntnisse der Klimaforschung nicht anzuzweifeln, stellt aber ihre „Rolle als Leitinstanz in politischen Fragen“ zur Diskussion. Diese Zuschreibung erinnere an den Positivismus des 19. Jahrhunderts und die Ideologie des Marxismus-Leninismus, der sich auf der Basis wissenschaftlicher Theorie ebenso für alternativlos gehalten habe.

Den Volltext des Beitrags finden Sie unter www.evangelisch.de

ISSN 2222-2464

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