11.12.2019

Synodenpräsident Krömer: „Krankenhausseelsorge ist am Sterben“

Kaum mehr Seelsorgegespräche durch neue Datenschutzrichtlinien

Patientinnen und Patienten würde das Recht auf Seelsorge durch die eigene Kirche genommen, so Synodenpräsident Krömer. Foto: epd/Uschmann

Kaum mehr Seelsorgegespräche durch neue Datenschutzrichtlinien

Wien/St. Pölten (epdÖ) – Die seit Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) habe zu einem massiven Einbruch der Krankenhausseelsorge geführt, kritisiert der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer. Im Wiener AKH etwa seien die Besuche von Seelsorgerinnen und Seelsorgern auf Grund des neuen Datenschutzrechtes auf ein Zehntel zurückgegangen, so Krömer in einem Bericht vor der Generalsynode am Samstag, 7. Dezember. Der Grund: Von den Kliniken würden kaum noch Daten von Patientinnen und Patienten an die Kirchen und Glaubensgemeinschaften für den seelsorgerlichen Besuch weitergegeben. Diese würden mancherorts nur noch informiert, wenn eine betroffene Person explizit Seelsorge wünsche. Im Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ befand Krömer: „Paragraph 18 des Protestantengesetzes ist totes Recht“. Der besagte Paragraph hatte seit 1961 die Krankenhausseelsorge geregelt. Und Krömer weiter: „Die Krankenhausseelsorge ist am Sterben.“

Erhebungen hätten ergeben, so Krömer vor der Synode, dass in vielen Fällen Patientinnen oder Patienten gar nicht nach dem Seelsorgewunsch gefragt worden seien. Ebenso sei – bedingt durch den Gesundheitszustand bei der Aufnahme ins Krankenhaus – häufig „die Fragestellung gar nicht verstanden“ worden. Damit sei den Kranken das Patientenrecht auf Seelsorge durch die eigene Kirche genommen worden. Die Evangelischen Kirchen als Minderheitskirchen wiederum würden in „ihrem wichtigen Recht – im Rahmen der kollektiven Religionsausübung – auf Betreuung kranker Evangelischer drastisch beschnitten“.

Gespräche mit dem für die Kirchen zuständigen Kultusamt seien in dieser Angelegenheit bereits aufgenommen worden, berichtet der Synodenpräsident. Auch ein rechtliches Vorgehen gegen die herrschende Praxis ist für den Rechtsanwalt denkbar. Neben der Verletzung der kollektiven Religionsfreiheit ortet Krömer auch einen Verstoß gegen die Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation WHO, wonach Patientinnen und Patienten ein Recht auf Seelsorge zugesprochen wird.

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Krömer | Seelsorge | Politik | DSGVO

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