15.04.2024

Rita Famos: Männer und Frauen in der Leitung bringen jede Organisation vorwärts

Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz predigte am Diakonie-Sonntag in Wien

Kirchenpräsidentin Rita Famos: „Diakonie geht vom Teilen am Tisch des Herrn aus und führt immer wieder zum Tisch des Herrn zurück.“ (Foto: epd/T. Dasek)

Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz predigte am Diakonie-Sonntag in Wien


Wien (epdÖ) – Rita Famos steht seit Anfang 2021 an der Spitze der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS). Als 13. Präsidentin des Zusammenschlusses der reformierten Kantonalkirchen und der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz repräsentiert sie rund 2 Millionen Protestantinnen und Protestanten in 25 Mitgliedskirchen. Famos ist darüber hinaus Mitglied des Schweizerischen Rates der Religionen und gehört auch dem Rat der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) an. Am Sonntag, 14. April, predigte Rita Famos auf Einladung von Bischof Michael Chalupka in der Lutherischen Stadtkirche in Wien in der von ihm initiierten Reihe „Was Hirtinnen zu sagen haben“.

Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst erinnert Famos an die schon längere Tradition von Frauen in kirchenleitenden Ämtern in der Schweiz. In den Kantonalkirchen gebe es mittlerweile 12 Frauen an der Spitze. Als Famos 2021 als erste Frau zur Präsidentin der EKS gewählt wurde, „war das keine Revolution“, vielmehr habe ihr die Prägung der Landeskirchen durch Frauen an kirchenleitenden Positionen „sehr geholfen“. Dennoch gehe es ihr immer wieder „auch so wie allen Frauen in Leitungsposition“, berichtet Famos, „etwa, dass man doppelt argumentieren muss, um gehört zu werden, oder auch mal einen Samen streuen muss und dann bringt halt der Mann das als seine Idee“.

Die Kirchenpräsidentin ist überzeugt, dass Leitungsorgane, die mit Frauen und Männern besetzt sind, die besseren sind, „weil sie einen größeren Horizont haben, das bringt jede Organisation vorwärts“. „Von Grund auf“ sei diese Option immer schon mitzudenken, unterstreicht Rita Famos und erinnert daran, dass bereits mehr Frauen als Männer Theologie studieren, „die Zeit wird das sowieso einleiten“.

„Unglaubliche Horizonterweiterung“

Bis dahin brauche es viel Empowerment, „ich möchte Frauen auch dazu ermutigen, Leitungsverantwortung zu übernehmen“. Als hilfreich habe sie Frauennetzwerke erlebt, um so von den Erfahrungen anderer Frauen in leitenden Positionen zu lernen und diese „in die Kirche zu übersetzen“. Jedenfalls, bekräftigt Famos, „waren diese drei Jahre, die ich bisher als Präsidentin arbeiten durfte, eine unglaubliche Horizonterweiterung und Bereicherung“.

Ihre Predigt anlässlich des Diakonie-Sonntags stellte die Schweizer Kirchenpräsidentin unter den Titel „Tafeln verändern die Welt“. Dabei kam Famos auf Tischgemeinschaften in der Bibel ebenso zu sprechen wie auf die legendäre Tafel um den runden Tisch des Ritters Artus oder das „demonstrative Wurstessen“ der reformgesinnten Freunde um Huldrych Zwingli, das 1522 zum Schlüsselereignis der Zürcher Reformation wurde. Famos berichtete auch von den erfolgreichen „Foodsave-Banketten“, die die Offene Kirche Bern ins Leben gerufen hat. Dabei handelt es sich um eine Kooperation zwischen Kirche, den großen Lebensmittelverteilern, den Bäuerinnen und Bauern der Umgebung und einem 5-Sterne-Koch. Gemeinsam sorgen sie zu Erntedank auf dem Platz vor der Kirche für ein sonntägliches Mittagessen aus geretteten Lebensmitteln für rund 500 Personen. Wie schon beim Gleichnis vom Gastmahl im Lukasevangelium gebe es hier kein Oben oder Unten, „es treffen sich Stadtpräsident, Menschen wie Du und ich, mit und ohne Beeinträchtigung, mit und ohne Geld an den mit Feldblumen geschmückten Festbänken. Und wer weiss, welche kleinen Reformen und Revolutionen dort schon ersonnen wurden und noch werden.“

„Ich hoffe und bete, dass auch geistreiche runde Tische rund um die Kriege in Osteuropa und im Mittleren Osten bald überraschende Lösungen bringen“, sagte Rita Famos. Diakonie gehe vom Teilen am Tisch des Herrn aus und führe immer wieder dorthin zurück. Der evangelischen Diakonie in Österreich gratulierte die Schweizer Kirchenpräsidentin zum 150-jährigen Jubiläum: „Diakonie braucht große Werke und starke Persönlichkeiten. Aber: Diakonie sind wir alle. Mit unseren kleinen und größeren Initiativen und Tischen, an denen neue Gedanken entstehen und in die Welt finden, an denen sich Menschen treffen, die sich sonst nicht treffen würden, an denen Menschen gesättigt werden, die sonst hungrig bleiben, körperlich oder seelisch. Zu Tafeln eben, die die Welt verändern“, schloss Famos.

ISSN 2222-2464

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