20.10.2021

Mechaye Hametim: Pogromgedenken in Wien

Zentraler ökumenischer Gottesdienst am 9. November

Ein Schweigemarsch führt am 9. November zum Shoa-Denkmal am Wiener Judenplatz. Foto: epd/Uschmann

Zentraler ökumenischer Gottesdienst am 9. November

Wien (epdÖ) – In Wien wird in den kommenden Wochen wieder verstärkt an die jüdischen Wurzeln des Christentums und an die Opfer früherer Judenverfolgungen in Österreich erinnert. Die Veranstaltungsreihe „Mechaye Hametim“ – hebräisch für „Der die Toten auferweckt“ – bietet rund um den 83. Jahrestag der Pogrome vom 9. November 1938 ein vielseitiges Programm mit kulturellen, interreligiösen und historischen Akzenten. Im Zentrum steht ein ökumenischer Gottesdienst in der Wiener Ruprechtskirche am 9. November um 19 Uhr mit Gedenkworten der römisch-katholischen Theologin Regina Polak und anschließendem Schweigegang zum Mahnmal auf dem Judenplatz.

Veranstalter ist die Wiener Ruprechtskirche gemeinsam mit einer Reihe von christlichen und jüdischen Organisationen. Dazu gehört der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit, der am Nationalfeiertag (26. Oktober) im Rahmen von „Mechaye Hametim“ an seine Gründung vor 65 Jahren durch Kardinal Franz König erinnert. Der Ausschuss hat nach der Shoa wesentlich für ein neues Verhältnis zwischen Judentum und Christentum in Österreich beigetragen. Zum Jubiläum finden ein Workshop in der Evangelischen Pauluskirche über die Aufarbeitung antijüdischer Geschichte, ein „Gedenk-Achtelmarathon“ zu symbolischen Orten der Judenverfolgung und ein öffentlicher Feierabend statt. (Infos: www.christenundjuden.org)

Ausgangspunkt der Exkursion zu den Symbolorten der Judenverfolgung, die am 6. November wiederholt wird, ist der alte jüdische Friedhof am Wiener Zentralfriedhof. Nächste Station ist der Stadttempel in der Seitenstettengasse, welcher die Hauptsynagoge von Wien darstellt. Nach einem Essen in einem koscheren Restaurant wird das von der britischen Künstlerin Rachel Whiteread entworfene Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa aufgesucht. Abschluss ist das Jüdische Museum Wien im Misrachi-Haus, in dem das soziale, kulturelle und religiöse Leben der Wiener Juden im Mittelalter dokumentiert ist. (Infos & Anmeldung: www.ash-forum.at)

Kurt Hubers Sohn berichtet

Um den Münchner Uni-Professor Kurt Huber (1893-1943), Mitglied der NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“, dreht sich am 10. November ein Vortrag bei der „Akademie am Dom“. „Was Huber zum Widerstand zwang, kann heute Wege zu Verständnis und Engagement für die Demokratie aufzeigen“, heißt es seitens des Sohnes des Widerstandskämpfers, Wolfgang Huber, der selbst referiert. (Infos: www.theologischekurse.at). Im Rahmen eines Filmmontags zeigt das Votivkino am 15. November den 2020 erschienenen Film „Liebe war es nie“ über die verbotene Beziehung einer jüdischen Insassin des KZ Auschwitz zu einem österreichischen SS-Offizier, die sich 30 Jahre später vor Gericht wieder begegnen. Beim anschließenden Gespräch ist Filmproduzent Kurt Langbein zugegen. (Infos: www.votivkino.at)

Am 5. November steht unter dem Titel „niemals vergessen“ ein Konzert mit Sonja Equiluz (Klarinette), Daniel Johannsen (Gesang) und Yasuko Yamamoto (Orgel, Klavier) in der evangelischen Pauluskirche in Wien-Landstraße auf dem Programm.

Alljährliches Erinnern

In der Nacht vom 9. auf 10. November 1938 wurden im gesamten deutschen Machtbereich Synagogen in Brand gesteckt, jüdische Geschäfte sowie Wohnungen zerstört und verwüstet. Zahlreiche Juden wurden bei den Pogromen getötet oder verletzt. Allein in Wien wurden im Zuge des Furors insgesamt 42 Synagogen und Bethäuser zerstört. 6.547 Wiener Juden kamen in Haft, knapp unter 4.000 davon wurden in das Konzentrationslager Dachau verschleppt. Die Nationalsozialisten gaben diesem Tag den euphemistischen Ausdruck „Reichskristallnacht“. Mit dem Novemberpogrom radikalisierten sie die Vertreibung und Enteignung der jüdischen Bevölkerung.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.