11.09.2024

Gedenkveranstaltungen für evangelischen Märtyrer Caspar Tauber

Am 15. und 17.9. in Wien – Superintendent Geist: „Taubers Hinrichtung mahnt zur Toleranz“

Die Taubergasse in Wien-Hernals erinnert seit 1894 an den evangelischen Märtyrer. (Foto: epd/ C. Dasek)

Am 15. und 17.9. in Wien – Superintendent Geist: „Taubers Hinrichtung mahnt zur Toleranz“

Wien (epdÖ) – An den evangelischen Märtyrer Caspar Tauber erinnern mehrere ökumenische Gedenkveranstaltungen in Wien. Vor 500 Jahren, am 17. September 1524, wurde der Tuchhändler und begeisterte Anhänger der sich gerade erst ausbreitenden Luther-Schriften enthauptet und sein Leichnam als der eines Ketzers verbrannt. Tauber stammte aus Südmähren und lebte seit 1511 in Wien. „Caspar Tauber war und ist ein Zeuge evangelischen und daher schriftgemäßen Glaubens“, sagt der Wiener Superintendent Matthias Geist. An seinem Schicksal werde ihm bewusst, „an welch seidenem Faden unsere Existenz hängt, wenn das Ja zum befreiten und versöhnten Leben von anderen Macht- und Rechthabern nicht gewollt und geduldet ist“.

Politische und menschenrechtliche Verantwortung

Im Zuge des Gedenkens an den ersten lutherischen Märtyrer auf österreichischem Boden schlägt Geist eine Brücke in die Gegenwart. „In Zeiten zunehmender Verrohung der Sprache und autoritärer Haltung mahnt uns meines Erachtens Caspar Taubers Verfahren und Hinrichtung zur Toleranz“, betont der Wiener Superintendent. Das hohe Gut der Glaubens-, Gewissens- und Meinungsfreiheit dürfe „nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden“.

Die Gedenkfeierlichkeiten beginnen am Sonntag, 15. September, in der Lutherischen Stadtkirche im 1. Bezirk. Den Gottesdienst um 10 Uhr halten Ortspfarrer Johannes Modeß und Superintendent Matthias Geist. Bürgermeister Michael Ludwig hat sein Kommen zugesagt. Um 13 Uhr wird der emeritierte Universitätsprofessor Rudolf Leeb einen Vortrag zu Caspar Tauber in der Unterkirche des Stephansdoms halten.

Das darauf folgende stille Gedenken auf der „Gänseweide“, der seinerzeitigen Hinrichtungsstätte, wird von Superintendent Geist und dem römisch-katholischen Bischofsvikar Dariusz Schutzki gestaltet. Geplant ist neben einer Kranzniederlegung auch die Verlesung eines Grußwortes von Kardinal Christoph Schönborn. „Mich berührt, wie wichtig gerade unseren ökumenischen Geschwistern, insbesondere Kardinal Schönborn, angesichts vergangener Konflikte ein versöhntes Miteinander ist“, zeigt sich Geist dankbar. In dem Grußwort, das bereits im Vorfeld des Gedenkens veröffentlicht wurde, unterstreicht Kardinal Schönborn die Bedeutung von Taubers Glaubenszeugnis für das heutige ökumenische Miteinander: „Dass wir heute als Protestanten und Katholiken gemeinsam, Seite an Seite, an das beeindruckende Glaubenszeugnis Caspar Taubers erinnern können, erfüllt mich mit Respekt, Scham und tiefer Dankbarkeit“, so der Kardinal.

Abschließend wird um 17 Uhr in einem Theater-Gottesdienst in der evangelischen Pauluskirche mit Friederike Krosigk und Pfarrerin Elke Petri zum Schicksal von Caspar Tauber und anderen Martyrien musikalisch und textlich Bezug genommen.

Podiumsgespräch im Albert Schweitzer Haus

Am Dienstag, 17. September, folgt um 19 Uhr im Albert Schweitzer Haus ein Referat des Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Friedrich Forsthuber, über die Rechtsprechung von damals und heute. Eingeleitet wird der Abend, der unter dem Motto „Glaubens- und Gewissensfreiheit“ steht, vom Improvisationskünstler und Schauspieler Helmut Schuster mit einem kurzen inneren Monolog Taubers vor dem nicht getätigten Widerruf. Anschließend folgt eine Diskussion mit dem Publikum über historische und aktuelle Fragen.

Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Wien erhofft sich von diesen Veranstaltungen ein vertieftes Bewusstsein für die Bedeutung der Glaubensfreiheit in der heutigen multireligiösen Gesellschaft. „Die Religionsfreiheit ist ein hohes Gut, das in einer Stadt wie Wien, mit ihrer Vielfalt der Glaubensrichtungen, immer wieder gestärkt werden muss“, betont Geist und zeigt sich „dankbar für das Miteinander und den Dialog zwischen den Religionen, in dem die lebendige Diskussion in einer Kultur der versöhnten Verschiedenheit geschätzt wird“. Der Wiener Superintendent ist Mitglied im „Campus der Religionen“ und in den vom Wiener Bürgermeister neu eingerichteten „Rat der Religionen“ berufen.

ISSN 2222-2464

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