13.05.2020

Tagebuch für die Schulzeit nach dem Corona-Lockdown

Wenk: SchülerInnen „werden nicht auf Knopfdruck funktionieren“

Die Öffnung der Schulen nach dem Lockdown stellt Schülerinnen und Schüler vor neue Herausforderungen. Ein „Tagebuch für die Seele“ kann hier helfen. Foto: Ulrike Leone/pixabay

Wenk: SchülerInnen „werden nicht auf Knopfdruck funktionieren“

Wien (epdÖ) – Die schrittweise Öffnung der Schulen ab 18. Mai und die verbleibende Zeit bis zu den Sommerferien wird für die Schülerinnen und Schüler eine Herausforderung darstellen. Um sie in dieser Phase zu begleiten, hat Anne-Kathrin Wenk, Referentin für Schul- und Bildungsfragen der Evangelischen Kirche, gemeinsam mit der Lehrerin für Sonderpädagogik Julia Heidemann ein „Tagebuch für die Seele“ entwickelt. Gerichtet ist es vor allem an Schülerinnen und Schüler ab etwa neun Jahren, Erwachsene können es für sich selbst und als Anleitung zur Beobachtung und Begleitung nutzen, so Wenk gegenüber dem Evangelischen Pressedienst.

Die Coronakrise habe Schülerinnen und Schüler wie alle anderen aus ihrem Alltag gerissen. Struktur, Begegnungen im Alltag seien weggefallen, aber auch der Schutz vor Misshandlungen etwa durch den Besuch der Schule oder anderer Einrichtungen, erklärt Wenk, die auch als Traumapädagogin arbeitet. Selbst Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und andere Erwachsene, die sonst Sicherheit ausstrahlten, hätten keine Antworten mehr gewusst. Zudem habe viele das Home Learning mangels Platz und Ressourcen vor zusätzliche Herausforderungen gestellt.

Eingewöhnungsphase nach der Isolation

Speziell in der ersten Phase des Wiederbeginns brauche es daher eine „verständnisvolle und geduldige Haltung“ gegenüber den Kindern, sagt Wenk: „War einer in dieser Zeit sehr isoliert und hatte kaum direkten Kontakt mit anderen Menschen, wird dieser Zeit brauchen, um sich an die Situation wieder zu gewöhnen – besonders an den Lärm.“ Dass die Schülerinnen und Schüler „auf Knopfdruck“ wie vor dem Lockdown funktionierten dürfe man nicht erwarten. Um das zu begleiten stellt das Tagebuch Fragen wie: „War jemand da, der mich getröstet hat, als ich traurig war? Fühlte ich mich trotz Distanz verbunden mit meinen Freunden? War ich Gewalt ausgesetzt?“

Vorfreude auf den Sommer?

Wie sehr sich die Kinder nach der kurzen Restschulzeit auf die Sommerferien freuen könnten werde von ihrer eigenen Situation und der ihrer Familien abhängen, erklärt Wenk. Wichtige Faktoren seien, ob eine Familie am Land oder in einer kleinen Stadtwohnung lebe, und ob in der angespannten wirtschaftlichen Lage ein Urlaub möglich sei oder es sogar Urlaubssperren für die Eltern gebe. Es werde notwendig sein, sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten: „Ferien bedeuten auch erneute Isolation, ein Auseinanderklaffen der sozialen Schere, eventuell ein Wiedererleben der Ohnmacht und des Alleinseins wie in der Zeit des Homeschooling.“ Zugleich könne aber ein Blick zurück und darauf, was in der Phase des Lockdowns geholfen habe, dazu beitragen, diese Zeit gut zu gestalten.

Zum Download steht das Tagebuch unter https://bit.ly/Tagebuch_Schule zur Verfügung.

ISSN 2222-2464

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Schule | Coronavirus

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