20.03.2019

Schmidtkunz: Positive Utopie gegen die Alternativlosigkeit

Ö1-Journalistin und evangelische Theologin präsentiert neues Buch „Himmlisch frei“

„Immer steht einer Freiheitsbewegung ein Gedanke voran. Das gilt es wieder zu vergegenwärtigen.“ Renata Schmidtkunz im Gespräch mit Bischof Michael Bünker. Foto: epd/Windisch

Ö1-Journalistin und evangelische Theologin präsentiert neues Buch „Himmlisch frei“

Wien (epdÖ) – „Wenn wir hören, dass es keine Alternativen gibt zur Herrschaft der wenigen: Wer traut dann noch seinen Träumen?“ Der seit knapp zwei Jahrzehnten vorherrschenden Rede von der Alternativlosigkeit in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft eine positive Utopie entgegenzustellen sei ihre Motivation gewesen, ein Buch zu schreiben, meint die Ö1-Journalistin und evangelische Theologin Renata Schmidtkunz. „Himmlisch frei“ heißt der jüngst erschienene Band, in dem Schmidtkunz der Frage nachgeht, „warum wir wieder mehr Transzendenz brauchen“, wie es im Untertitel heißt. Im Gespräch mit Bischof Michael Bünker hat die Autorin das Buch am Mittwoch, 13. März, im Wiener Albert Schweitzer Haus präsentiert.

Mystik und Politik

Zwei auf den ersten Blick fremde Felder wolle sie zusammenbringen, so Schmidtkunz: die Mystik und die Politik. Erstere sei „letztlich eine politische Angelegenheit“, da sie versuche, „den Grund der Dinge zu fassen und die Dinge miteinander in Verbindung zu bringen“. Die Philosophin Hanna Arendt und die Theologin Dorothee Sölle hätten ihr dabei den Weg gewiesen. Überhaupt sind es auffallend viele Frauen, die Schmidtkunz als Zeuginnen für eine Renaissance der verlorengegangen Transzendenz heranzieht. Das sei allerdings unbeabsichtigt geschehen, vielmehr habe sie das „diskursive“ Element, das im Denken von Frauen einen großen Raum einnehme, fasziniert: „Ich stelle keine Theorien auf“, präzisierte Schmidtkunz im Gespräch.

Mehr Diskurs wünscht sich die Journalistin auch auf gesellschaftlicher Ebene: „Als Gesellschaft sind wir zu wenig im Gespräch, gerade in unserer jetzigen Situation.“ In solchen Gesprächen, so die erfahrene Interviewerin, geschehe immer ein „Energieaustausch“. So habe sie in der Vorbereitung zu ihrem Buch vieles aus Gesprächen mit Vertretern und VertreterInnen unterschiedlichster Disziplinen mitgenommen: unter anderem der Quantenphysik. Dass die Gesellschaft das Gespräch nötig habe liegt für Schmidtkunz darin begründet, dass es für die Umsetzung von Utopien immer Gemeinschaft brauche. Mehr noch: Es brauche Institutionen. Und gerade solidarische Organisationen wie Kirchen oder Gewerkschaften gerieten gegenwärtig immer mehr unter Beschuss. Es sind die Feinde einer „pluralistischen, demokratischen, sozialen und menschlichen Gesellschaft“, die Schmidtkunz ins Visier nimmt. Zivilgesellschaftliches Engagement könne dagegen nicht ausreichend ankämpfen, ist sie überzeugt.

„Dogmengeschichte ist gutes Rüstzeug“

Sie selbst habe solche Freiheitsbeschränkungen immer abgelehnt. Als Jugendliche habe sie „herausgefunden, dass ich nicht in einem System leben kann, das Denkverbote aufstellt. Ich brauche Argumente gegen sie.“ Das Studium der Theologie, insbesondere der Dogmengeschichte, habe sie dafür gerüstet. Zugleich sei der Wille zur Freiheit ihr stärkstes Argument dagegen gewesen, Pfarrerin zu werden. Die Skepsis gegenüber der Institution Kirche habe sie sogar zum zwischenzeitlichen Austritt geführt.

Die Transzendenz, die Schmidtkunz in den Untertitel ihres Buches stellt, sei immer eine Denkleistung – auch eine, die sich evolutionär entwickle. Für sie sei das konkrete Denksystem, in dem sich das Konzept der Transzendenz entwickle, daher nicht so entscheidend. Wichtiger sei vielmehr: „Immer steht einer Freiheitsbewegung ein Gedanke voran. Das gilt es wieder zu vergegenwärtigen.“

Bünker, der wie die Autorin aus einer Kärntner Pfarrersfamilie kommt, zeigte sich von Schmidtkunz‘ Buch angetan. Es greife eine gesamtgesellschaftlich relevante Frage auf: „Wie können der Aufklärung verpflichtete Menschen das Freiheitspotenzial von Religion fruchtbar machen?“ Über Religion werde meist entweder sehr abstrakt und distanziert gesprochen, oder aus eigener Betroffenheit, positiv wie negativ: „Die beiden Seiten werden selten auf solche Weise verbunden wie Schmidtkunz das tut. Theologisch, philosophisch, politisch, aber immer auch persönlich.“

Durch den Abend im Albert Schweitzer Haus begleitete musikalisch mit Jodlern und Ziehharmonika Christine Zurbrück.

Renata Schmidtkunz‘ Buch „Himmlisch frei. Warum wir wieder mehr Transzendenz brauchen“, ist in der „edition a“ (www.edition-a.at) erschienen.

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Bünker | Buch | Politik | Schmidtkunz

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