18.10.2022

Reformationsempfang im Zeichen der Klimagerechtigkeit

Bischof Chalupka: Aufbrechen in neue Lebensweise – Wolfgang Anzengruber: Verantwortung statt Vollkaskomentalität – Barbara Blaha: Pflicht zu Optimismus

Bischof Michael Chalupka im Gespräch mit Barbara Blaha, Gründerin und Leiterin des Momentum Instituts, Wien, sowie Wolfgang Anzengruber von den “CEOs for Future”. (Foto: epd/Uschmann)

Bischof Chalupka: Aufbrechen in neue Lebensweise – Wolfgang Anzengruber: Verantwortung statt Vollkaskomentalität – Barbara Blaha: Pflicht zu Optimismus

Wien (epdÖ) – Fragen der Klimagerechtigkeit, die sozialen Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels und ein Grundton der Hoffnung prägten den Reformationsempfang, zum dem die drei evangelischen Kirchen – die lutherische, die reformierte und die methodistische – am Dienstagabend ins Odeon-Theater in Wien geladen hatten. „Wir müssen vom Klimaschutz nicht nur reden, sondern ihn auch praktizieren“, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka. Im „Jahr der Schöpfung“, das die drei evangelischen Kirchen heuer begehen, habe er bei seinen Besuchen in evangelischen Schulen die Sorgen und Ängste, aber auch die Visionen und Lösungsvorschläge junger Menschen gehört. Ihnen gelte es, zuzuhören. Als Kirchen, so der Bischof, seien „wir alle gefordert, in eine neue Lebensweise aufzubrechen und Abschied von der eigenen Komfortzone zu nehmen“. Umkehr bedeute auch, „etwas Neues geschenkt bekommen“. Bis 2035 will die Evangelische Kirche klimaneutral werden, dazu arbeite man an einem Klimaschutzkonzept.

Im Rahmen des Reformationsempfangs sprach der Bischof mit Barbara Blaha, Politikwissenschaftlerin, Gründerin und Leiterin des Momentum Instituts in Wien, sowie Wolfgang Anzengruber von den „CEOs for Future“ und bis 2020 Vorstandsdirektor der Verbund AG über Klimagerechtigkeit und die Herausforderungen angesichts des Klimawandels.

„Wir wissen, was Sache ist – warum handeln wir nicht?“, fragte Wolfgang Anzengruber. Den Wandel gelte es als Chance zu sehen. Er plädierte für Änderungen im positiven Sinn anstelle einer Verzichtsdebatte, forderte Verantwortung statt einer „Vollkaskomentalität, in der der Staat für uns alle Probleme löst“. „Wir müssen endlich erkennen, dass wir die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte über unsere Verhältnisse gelebt haben“, befand Anzengruber. Statt Mengenwachstum brauche es ein Qualitätswachstum, statt einer linearen Wirtschaft eine Kreislaufwirtschaft, in der Wohlstand anders interpretiert werde. Hoffnungsträgerin sei dabei die Jugend – „die nächste Generation hat es verdient, dass ihr eine Perspektive aufgestellt wird“, so Anzengruber.

Hoffnung gegen Verzweiflung setzen

„Wir haben eine ganze Welt zu gewinnen, die dekarbonisiert ist und nicht ausschließlich den Profitinteressen unterworfen“, erklärte Barbara Blaha. Dafür sei „mehr Mut zur Radikalität“ und eine grundlegende Reform der gesamten Wirtschaftsordnung notwendig. Blaha wies auf die extreme Ungleichheit in der Vermögensverteilung hin, „das halbe Vermögen der Welt haben Menschen, die in ein Klassenzimmer passen“. Die „schöne Zukunft“ falle nicht vom Himmel, Fortschritt passiere nicht von alleine, sondern werde erstritten, meinte Blaha. Von den Kirchen erwartet die Politikwissenschaftlerin, „dass sie ihre Sichtbarkeit so nutzen, dass das Diskursfenster in Richtung klimagerechter Zukunft geschoben wird“. Nicht die Verzweiflung sei überzeugend, sondern die Hoffnung. Das gelte es „täglich zu üben“, denn: „Wir haben die Pflicht zum Optimismus.“

Bischof Chalupka erinnerte an die biblischen Propheten, die „immer den Grundton der Hoffnung und nicht der Apokalyptik“ gestärkt hätten. „Genau das können die Kirchen einbringen, dass die Schöpfung im Lichte Gottes gesehen wird“, zeigte sich der Bischof überzeugt.

Café GL.U.ECK und Café „connect us“ ausgezeichnet

Beim Reformationsempfang, durch den die theologische Referentin des Bischofs, Eva Harasta, führte, wurde auch der von der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich gestiftete Diakoniepreis vergeben. Der erste und mit 6.000 Euro dotierte Preis ging an das Café GL.U.ECK in Villach, der zweite Preis mit 4.000 Euro an das Lern- und Kompetenz Café „connect us“ in Wien-Währing. Das Café GL.U.ECK ist eine Kooperation der evangelischen Kirche im Stadtpark in Villach und der Diakonie de la Tour. Mehrmals pro Woche stehen direkt neben der Kirche Tische, Kaffee und Kuchen bereit und sorgen damit für ein niederschwelliges Angebot für die Bevölkerung. Im Lern- und Kompetenz Café „connect us“ der evangelischen Lutherkirche in Wien-Währing wiederum liegt der Schwerpunkt auf dem Erlernen digitaler Kompetenzen. An jedem ersten Donnerstag im Monat steht der Jugendraum der Pfarrgemeinde für ältere Personen sowie Menschen mit Migrationshintergrund offen. Dass dabei die Rollen zwischen Lehrenden und Lernenden vertauscht werden, ist Teil des Konzeptes, um Alt und Jung, In- und Ausländer miteinander in Kontakt zu bringen.

Beste Vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion

Auch der Preis für die beste Vorwissenschaftliche Arbeit im Fach Religion wurde im Odeon-Theater vergeben. Ausgezeichnet wurde Ronja Pfau vom BORG Dreierschützengasse in Graz für ihre Arbeit „Gleichgeschlechtlich verpartnerte PfarrerInnen in ihrer evangelischen Kirche“.

Bilder zum Reformationsempfang finden Sie auf foto.evang.at

ISSN 2222-2464

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