Mädchenpredigt
Michael Chalupka über die wichtige Stimme von Mädchen
Michael Chalupka über die wichtige Stimme von Mädchen
Hunderte Menschen versammelten sich in einer Kirche und lauschten ergriffen und bewegt den Worten von der Kanzel. Der Prediger war blond gelockt und konnte kaum über den Rand der Kanzel schauen, war vielleicht acht Jahre alt, und was das Erstaunlichste war – es war eine Predigerin, es war ein Mädchen. So hat es sich in den Tagen nach Weihnachten zugetragen, in Rom im 19.Jahrhundert. Geschehen ist das in der Franziskanerkirche Santa Maria di Aracoeli in Rom. Dort wird eine Figur des Jesuskindes verehrt, der viele Wunder nachgesagt werden.
Vor diesem Jesuskind durften also auch Mädchen predigen. Das war in den Kirchen die absolute Ausnahme. Doch es wird wohl so gewesen sein, dass es so manchen vorkam, als ob das Christkind selbst zu ihnen gesprochen hätte, wenn ein blonder Lockenkopf auf der Kanzel zu sehen war.
Wenn dem einen oder anderen durch die Predigt der Kinder klar geworden ist, dass dieses Kind in der Krippe – Gott, der Mensch geworden ist -, eines ist, das diejenigen zum Sprechen bringen will, ermutigt und stärkt, die sonst nichts zu melden haben, dann hat die Predigt der Mädchen ihr Ziel erreicht.
Am Freitag war Welttag der Mädchen, der daran erinnern soll, dass Mädchen immer noch nicht die gleichen Chancen haben auf dieser Welt wie die Buben. Es ist traurig, dass es so einen Tag noch braucht. Dass Mädchen, ob in den Kirchen oder der Welt, Wichtiges zu sagen haben, ist schon lange nicht mehr die Ausnahme.
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ISSN 2222-2464