Die Welt verstehen
Michael Chalupka über die große Bedeutung einer Bitte
Michael Chalupka über die große Bedeutung einer Bitte
Pünktlich zu Schulanfang wird der Religionsunterricht diskutiert. Da gibt es die, die meinen, ohne die Konflikte, die Religionen auslösen, würde die Welt besser aussehen, und dann gibt es die anderen, die meinen, Religion, recht verstanden, sei Teil der Lösung der Probleme und nicht ihre Ursache. Ich denke, der Religionsunterricht hat vor allem die Aufgabe, die Welt, in der religiöse Aussagen eine prägende Rolle gespielt haben und weiterhin weltweit spielen, besser zu verstehen und kritisch deuten zu können.
Nehmen wir einfach den Satz „Dein Wille geschehe“. Man könnte diesen Satz als Fatalismus deuten. „Dein Wille geschehe“, ich ergebe mich meinem Schicksal. Im Vater Unser bildet er den Abschluss des ersten Teils des Vaterunsers, der aus drei an Gott gerichtete Bitten besteht: „Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe“.
Die Pointe der Bitte liegt jedoch nicht in einem demütigen Hinnehmen jedes Schicksalsschlags, der einem widerfährt. Die Pointe dieser Bitte liegt genau darin, dass all unser Wünschen und all unser Handeln darauf ausgerichtet werden, dass die Welt für alle Menschen anders wird als sie jetzt ist, dass Hunger und Armut, dass Schmerz und Leiden und Krieg und Gewalt zurückgedrängt werden. Als Christen wissen wir aber, wenn wir beten „Dein Wille geschehe“, dass es nicht unser Wille ist, der die Welt retten wird, sondern wir in Gott unser Vertrauen setzen.
ISSN 2222-2464