13.09.2023

Klimaschutz: Umweltbeauftragte rufen Politiker:innen in Verantwortung

Kanatschnig: „Haftung für Politiker:innen statt Strafen für Klimaaktivist:innen“

Die Auswirkungen des Klimawandels sind nach Ansicht der Umweltbeauftragten „die Folgen falscher bzw. fehlender politischer Entscheidungen der Vergangenheit.“ (Foto: unsplash / Jesse Gardner)

Kanatschnig: „Haftung für Politiker:innen statt Strafen für Klimaaktivist:innen“

Wien (epdÖ) – Dringenden Handlungsbedarf bei politischen Entscheidungen für den Klimaschutz orten die Umweltbeauftragten der Evangelischen Kirche. „Die aktuellen, teils katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels sind die Folgen falscher bzw. fehlender politischer Entscheidungen der Vergangenheit. Und es zeichnet sich keine Änderung dieser Politik ab: nach wie vor werden Steuergelder für die Förderung klimaschädigender Aktivitäten verschwendet, nach wie vor fehlen politische Entscheidungen zum vorsorgenden Schutz vor weiterer Klimaerwärmung“, kritisieren die Umweltbeauftragten in einer Aussendung. Klimaaktivist:innen hätten auf diese Situation immer wieder aufmerksam gemacht, nun drohe die Politik den Klimaaktivist:innen dafür sogar Haftstrafen an.

„Es liegen genügend wissenschaftliche Beweise und Informationen vor, die den dringenden Handlungsbedarf der politischen EntscheidungsträgerInnen belegen“, erinnert der Beauftragte für Klimavorsorge und Nachhaltige Entwicklung der Evangelischen Kirche in Österreich, Dietmar Kanatschnig. Statt verschärfter Strafen für Klimaaktivist:innen brauche es eine „verschärfte Haftung für jene Politiker:innen, die wissenschaftliche Fakten bei ihren Entscheidungen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigen oder trotz dringendem Handlungsbedarf keine Entscheidungen treffen“, meint der Umweltexperte.

Derzeit herrsche hingegen eine „Politik mit beschränkter Haftung“. Politiker:innen hätten mit hoher Sorgfaltspflicht Entscheidungen zum Wohle des Staates zu treffen. Kanatschnig: „Kommen sie dieser persönlichen Verantwortung nicht nach, passiert derzeit eigentlich wenig. Politische Verantwortungsübernahme bei missglückter Politik besteht höchstens im Karriereende, oft mit Fortsetzungsmöglichkeit in anderen Bereichen. Und eine rechtliche Verantwortung gibt es nur bei Verstößen gegen geltende Gesetze.“ Einer persönlichen zivilrechtlichen Haftung von Politiker:innen stehe „die Amtshaftung mittels unser aller Steuergelder sowie die Immunität der Politiker:innen im Wege“.

Die Umweltbeauftragten erinnern weiters daran, dass sich bereits 2017 Verfassungsrichter für eine verschärfte persönliche Haftung von Politiker:innen bei Verletzung der gebotenen Sorgfaltspflicht ausgesprochen hätten. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht liege etwa vor, wenn bei Entscheidungen nicht alle erforderlichen Informationen berücksichtigt werden, „wenn kurzfristige Interessen langfristig notwendige Ziele unterlaufen oder wenn nicht zum Wohle der Allgemeinheit gehandelt wird“.

Von einer verschärften Haftung erwarten sich die Umweltbeauftragten weniger den oft gar nicht leistbaren Schadenersatz, sondern vielmehr präventive Wirkung. „Wer weiß, dass er/sie persönlich für die getroffenen Entscheidungen haftbar ist, wird von vornherein verantwortungsvoller bei Entscheidungen vorgehen.“

Gleichzeitig sprechen sich die Umweltbeauftragten für mehr Mitwirkung und Mitbestimmung der Bürger:innen aus. Mit dem Klimarat habe die Regierung dazu ein Instrument geschaffen, dessen Ergebnisse sie aber durch Nicht-Entscheidungen ignoriere. Klimaaktivist:innen, die auf diesen Umstand hinweisen und eine Umsetzung der Ergebnisse des Klimarates fordern, würden nun höhere Strafen angedroht. „So wird aus der ‚Politik mit beschränkter Haftung‘ sogar eine ‚Politik mit beschränkter Hoffnung‘“, sagt Kanatschnig und unterstreicht die Forderung nach einer gesetzliche Verankerung der persönlichen Haftung für Politiker:innen, ähnlich wie sie bei Vorständen von Aktiengesellschaften schon selbstverständlich sei.

 

ISSN 2222-2464

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