31.10.2021

Hennefeld: „Wahrheit macht frei von einer Welt, in der Recht des Stärkeren zählt“

Reformierter Landessuperintendent in ORF-Gottesdienst zum Reformationstag

Nur wenn verkrustete Strukturen aufgebrochen würden – so Zwinglis Überzeugung – sei eine “menschenfreundliche Umgestaltung von Kirche und Gesellschaft” möglich.

Reformierter Landessuperintendent in ORF-Gottesdienst zum Reformationstag

Wien (epdÖ) – Angesichts der jüngsten Ereignisse in der österreichischen Innenpolitik hat der evangelisch-reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld den Wert von Wahrheit und Wahrhaftigkeit betont. Im live auf ORF III und Ö1 übertragenen Reformationsgottesdienst am Sonntag, 31. Oktober, aus der evangelischen Auferstehungskirche in Wien betonte Hennefeld: „Die Erkenntnis der Wahrheit macht frei von Lüge und Doppelmoral. Sie macht frei von einer Welt, in der das Recht des Stärkeren zählt oder des Schlaueren. Sie macht auch frei von einer Welt, in der sich die Stärkeren gegen die Schwächeren durchsetzen und in der der Machtbewusste in seinem Machtstreben über Leichen geht.“

Dem Zürcher Reformator Ulrich Zwingli sei die Suche nach der Wahrheit ein besonderes Anliegen gewesen, führte Hennefeld aus. Das habe für ihn bedeutet, „Lüge, Verlogenheit, Doppelmoral und Heuchelei als solche zu entlarven und anzuprangern“. Nur wenn verkrustete Strukturen aufgebrochen würden – so Zwinglis Überzeugung – sei eine „menschenfreundliche Umgestaltung von Kirche und Gesellschaft“ möglich.

„Nicht Schein, sondern Sein“

Um zur Wahrheit zu gelangen sei es notwendig, „Jesu Wort zu hören, zu bedenken, anzunehmen und sich daran zu halten. Jesu Wort ist wahr. In seinem Wort können wir die Wahrheit erkennen. Es bedeutet nicht nur irgendwie daran zu denken, sondern meint dranbleiben, ganz verbindlich, ernsthaft.“ Im Laufe der Geschichte sei das „Angesicht Christi“ zunehmend „entstellt“ worden. Zwingli habe deshalb dazu aufgerufen, es von „kirchlich-religiösen Verschmierungen und Verunstaltungen“ zu reinigen.

„Das Befreiende in Zwinglis Reformation war eine neue Ordnung, die auf sozialer Gerechtigkeit und auf einem gewissen Ausgleich in der Gesellschaft beruhte“, erinnerte Hennefeld. Genau das könne noch heute befreiend wirken: „Nicht Schein sondern Sein, nicht auf das eigene Recht pochen, sondern für das Recht des anderen streiten. Niemanden zurücklassen und aufeinander schauen – was in der Pandemie propagiert wurde, aber bald zur Worthülse verkommen ist.“

Hennefeld gestaltete den Gottesdienst gemeinsam mit Ortspfarrer Hans-Jürgen Deml und einem Team aus der Gemeinde der Auferstehungskirche im siebenten Wiener Gemeindebezirk. Die musikalische Gestaltung übernahmen der Chor und das Instrumentalensemble des Instituts für Orgel, Orgelforschung und Kirchenmusik der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien unter der Leitung von Florian Maierl sowie Katharina Tschakert (Sopran), Manuela Leonhartsberger (Alt), Korbinian Daniel Schlag (Bass) und Jeremy Joseph (Orgel) als Solisten. Zur Aufführung kam die Kantate zum Reformationsfest „Gott der Herr ist Sonn und Schild“ (BWV 79) für Soli, Chor und Instrumente von Johann Sebastian Bach.

Den Gottesdienst aus der Wiener Auferstehungskirche können Sie auf tvthek.orf.at nachträglich anschauen.

ISSN 2222-2464

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