10.04.2019

Gerhart Hauptmanns „Die Ratten“ am TAG in Wien

Neuinszenierung versetzt sozialkritischen Klassiker in Gegenwart

"Der Eingang ist ein verzweifeltes an der Wand entlang Tasten, ein starres Verharren oder ein Fliehen." Gerhart Hauptmanns "Die Ratten" im Theater an der Gumpendorfer Straße. Foto: TAG/Anna Stöcher

Neuinszenierung versetzt sozialkritischen Klassiker in Gegenwart

Wien (epdÖ) Der Raum hat keine Türen und Fenster. Der Eingang ist ein verzweifeltes an der Wand entlang Tasten, ein starres Verharren oder ein Fliehen. Und so oft ein Zusammenbrechen von Körper, Seele, Mitmensch, Aufgabe, Tag und Nacht. Ein verhängnisvoller Spielort des Lebens in gestundeter Raum-Zeit. Das ist der Hintergrund, vor dem sich die Neuinszenierung von Gerhart Hauptmanns Stück „Die Ratten“ im Wiener Theater an der Gumpendorfer Straße auftut, die am Mittwoch, 3. April, Premiere feierte.

Finale zwischen neugeborenem Leben und Tod

Die junge Frau ist schwanger und allein. Ihr Leben lässt auf das Kommende keinen Ausblick zu. Sie kennt nichts anderes als das Allein-Sein zwischen täglichem Brot und Sorge. Nun lernt sie Frau John kennen, die ein Kind verloren hat und sich weiter mit ihrem Mann so sehnlich Nachwuchs wünscht, um Perspektiven und Sinn zu gewinnen. Frau John setzt nun alles daran, das Kind der jungen Frau so schnell als möglich in die schon vorbereitete Wiege zu legen und ein Familienglück um jeden Preis an sich zu reißen. Die junge Frau stimmt in ihrer Verzweiflung zu. Doch dann wendet sich das Blatt und sie will ihr Kind wiedersehen. Jetzt ist der Bruder von Frau John am Zug und ein dramatisches Finale zwischen neugeborenem Leben und Tod setzt ein, in dem alles an Wunsch und Hoffnung in Lüge und Gewalt zerbricht.

Regisseur Bernd Liepold-Mosser und Dramaturgin Tina Clausen gelingt es in Text und Inszenierung in außergewöhnlicher Weise, Hauptmanns sozialkritisches Drama aus dem Jahr 1911 in die Gegenwart zu setzen und mit einem Wechsel von absurder Komik und dramatischer Ansprache zu begeistern. Zweifel und Verzweiflung in Leben und Zeit kommen in Sprache und Körperausdruck, in Aktion und Verharrung zur Geltung.

Zur Person Gerhart Hauptmann

Gerhart Hauptmann wurde 1862 im niederschlesischen Obersalzbrunn als Sohn von Robert und Marie Hauptmann, die ein Hotel betrieben, geboren und evangelisch getauft. Seine wache menschliche wie soziale Aufmerksamkeit gegenüber den wechselnden Gästen und auch dem Personal führte schon früh zu ausgeprägter Erzählfreude, die in seiner strengen Schulzeit etwas einbrach aber sich darin existentiell und kritisch verdichtete. Zu Beginn des 20.Jahrhunderts erfolgt seine Anerkennung als Schriftsteller, er wird zu einem der einflussreichsten Dramatiker seiner Zeit. 1946 stirbt Gerhart Hauptmann in Agnieszków (Polen).

epdÖ/wp

TAG – Theater an der Gumpendorfer Straße, 1060 Wien

Weitere Aufführungen: Do 11., Fr 12., Do 25., Fr 26 und Sa 27. April 2019, 20 Uhr, Di 7., Mi 8., Fr 10., Sa 11., Fr 17. und Sa 18. Mai 2019, 20 Uhr.

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Wien | Soziales | Theater

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