29.05.2019

Diakonie Flüchtlingsdienst feiert 15 Jahre in Tirol

3.300 Menschen pro Jahr begleitet – Warnung vor Rückbau der Menschenrechte

Applaus für 15 Jahre Flüchtlingsdienst in Tirol: Synoden-Vizepräsidentin Gisela Malekpour und Alexandra Gröller, Geschäftsführerin des Diakonie Flüchtlingsdiensts. Foto: Shabanali Wafadar.

3.300 Menschen pro Jahr begleitet – Warnung vor Rückbau der Menschenrechte

Innsbruck (epdÖ) – Sein 15-jähriges Bestehen in Tirol feierte der Diakonie Flüchtlingsdienst am Donnerstag, 23. Mai, in Innsbruck. Neben den Feierlichkeiten ging es dabei vor allem um die Situation der Menschenrechte in Österreich. Der Tiroler Superintendent Olivier Dantine unterstrich in seinen Grußworten die Verbindung von Flüchtlingsdienst, Diözese und Gemeinden und erinnerte an die Anfänge der Rechtsberatung für Flüchtlinge in den Kellerräumen der Superintendentur am Innsbrucker Rennweg: „Die Zeit im Keller der Superintendentur gehört in gewisser Weise zum Gründungsmythos der Diakonie Rechtsberatung. Wer diese Kellerräume kennt, erkennt, mit wie viel Einsatz und Idealismus anfangs gearbeitet werden musste.“ Zugleich schlug Dantine den Bogen zu den Herausforderungen der letzten Jahre und der unmittelbaren Gegenwart: „Seit ich die Flüchtlingspolitik verfolge steht nicht die Würde der Schutzsuchenden im Mittelpunkt der Politik, sondern die Frage, wie die Bevölkerung möglichst unbehelligt von Flüchtlingen ihr bequemes Leben weiterführen kann, oder wie Flüchtlinge davon abgehalten werden, zu uns zu kommen – so als ob es keine Gründe gäbe, welche die Flüchtlinge zum Verlassen ihrer Heimat zwingen.“ Tiefpunkt dieser Entwicklung sei die jüngste Verordnung des – nunmehr ehemaligen – Innenministers Herbert Kickl, die Vergütung für die gemeinnützige Arbeit von AsylwerberInnen auf 1,50 Euro zu beschränken sowie die Verstaatlichung der Asylrechtsberatung. „Dieses Gesetz und diese Verordnung sind unverzüglich zurückzunehmen, um so ein Mindestmaß an Menschenwürde für Asylwerber wiederherzustellen“, forderte Dantine. Die 1,50-Euro Verordnung wurde übrigens noch am selben Abend durch den interimistischen Innenminister Eckart Ratz wieder aufgehoben, nachdem sich zahlreiche Stimmen aus der Öffentlichkeit deutlich dagegen ausgesprochen hatten.

Chalupka: Respekt vor Menschenrechten kommt nicht von alleine

Michael Chalupka, designierter Bischof und zweiter Geschäftsführer der Diakonie Eine Welt – zu der der Flüchtlingsdienst gehört – knüpfte die Jubiläumsfeier ebenfalls in der Gegenwart an: Es sei ein Tag zum Feiern und Atemholen, an dem man sich von einem „Regierungsexperiment“ erhole, das in Hinblick auf die menschenrechtliche Situation in Österreich Sorge bereitet habe. Die Unterscheidung zwischen „uns“ und „den anderen“ und die unterschiedliche Beimessung von Wert und Würde sei unter anderem bei der Mindestsicherung, der Staffelung der Familienbeihilfe oder eben der Verstaatlichung der Rechtsberatung zu beobachten gewesen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 sei jedoch aus der Erinnerung daran entstanden, wohin es führe, wenn die Würde und der gleiche Wert jedes Menschen nicht für alle gelten. Die Respektierung der Menschenrechte geschehe nicht von alleine, sondern bedürfe Männer und Frauen, die für ihre Einhaltung die Stimme erheben – wie die UnterstützerInnen und MitarbeiterInnen des Tiroler Flüchtlingsdienstes, so Chalupka.

Gröller: In Tirol besseres Klima als anderswo

Mit der Offenheit seiner Ansprechpartner in der Landes- und Stadtpolitik sowie seinem starken Netz in der Zivilgesellschaft unterscheide sich Tirol positiv von anderen Standorten, sagte die Geschäftsführerin des Diakonie Flüchtlingsdienstes, Alexandra Gröller, gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. Jährlich begleite man etwa 3.300 Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung, wobei sich das Angebot in den vergangenen 15 Jahren regelmäßig erweitert habe. „Begonnen hat alles mit unserem Zentrum für interkulturelle Psychotherapie ‚Ankyra‘“ mit Schwerpunkt auf TraumapatientInnen. Seit einigen Jahren habe das Projekt auch einen Ableger, der allgemein Menschen mit Migrationshintergrund offenstehe. Später habe sich die unabhängige Rechtsberatung für Flüchtlinge entwickelt, besonders in diesem Bereich sei das Land Tirol immer eine „außerordentliche Stütze“ gewesen, erzählt Gröller. In Innsbruck, Imst, Telfs und Wörgl gebe es seit 2015 zudem Integrations- und Bildungszentren, dort arbeite man vor allem mit Menschen, die eine längerfristige Aufenthaltsperspektive haben. Sie bekämen hier Unterstützung „bei den ersten Schritten der Integration“, unter anderem in puncto Arbeit und Wohnen.

Zahlreiche Grußworte zum Festakt im Innsbrucker Haus der Begegnung kamen aus Politik und Zivilgesellschaft. Abgerundet wurde der Abend mit einer Podiumsdiskussion, an der Christoph Riedl, Menschenrechtsexperte der Diakonie Österreich, Verena Schlichtmeier und Gabriele Mantl von der Psychotherapieeinrichtung „Ankyra“, Michael Kerber von der Tiroler Rechtsberatung sowie Carina Scheiber für die Integrations- und Bildungszentren teilnahmen.

ISSN 2222-2464

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