03.09.2024

GEKE-Vollversammlung: Protestantische Stimme in der Gesellschaft

Oberkirchenrätin Ingrid Bachler im Rat wiedergewählt

Die einwöchige 9. Vollversammlung der GEKE fand in Hermannstadt/Sibiu statt. Zentraler Tagungsort war die Evangelische Stadtpfarrkirche. (Foto: GEKE)

Oberkirchenrätin Ingrid Bachler im Rat wiedergewählt

Wien / Hermannstadt (epdÖ) – Dankbar für die gute synodale Zusammenarbeit und mit dem Vorhaben, zukünftig eine stärkere protestantische Stimme in gesellschaftsrelevanten Fragen zu erheben, ging die 9. Vollversammlung der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) zu Ende. Die Tagung im rumänischen Hermannstadt/Sibiu dauerte von 27. August bis 2. September und stand unter dem Motto „Im Licht Christi – berufen zur Hoffnung“. Auch Delegierte und Gäste aus den Evangelischen Kirchen A. und H.B. in Österreich wohnten der Vollversammlung bei, wie der evangelische-lutherische Bischof Michael Chalupka und der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld sowie Oberkirchenrätin Ingrid Bachler als Ratsmitglied der GEKE.

Wahre Hoffnung bewegt

Das Tagungsmotto „Hoffnung“ griff Keynote-Speakerin Christine Schliesser in ihrem Vortrag am 3. Tag der Vollversammlung auf. Sie betonte, dass Christ:innen in der Auferstehung Jesu Christi eine besonders gut begründete Hoffnung hätten. Hoffnung sei dabei nicht zu verwechseln mit Naivität oder schlichtem Optimismus. „,Dann hoffen wir mal das Beste!‘ – das ist keine Hoffnung, sondern Wunschdenken, Hoffnung ist also gerade nicht Apathie oder Trägheit, sondern Hoffnung nimmt Gestalt an, indem sie tätig wird“, unterstrich die Studienleiterin am ökumenischen Zentrum für Glaube und Gesellschaft der Universität Freiburg. „Diese Hoffnung ist damit auch das genaue Gegenteil von Resignation. Wahre Hoffnung bewegt!“

Eine Hoffnung, die am vierten Tag der Vollversammlung in besonderer Weise greifbar wurde. Auf dem Programm am 30. August stand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Zeit der Hoffnung – Kirchen als Akteure im Überwinden von Krieg und Konflikten“. Dazu saßen in der Evangelischen Stadtpfarrkirche Kirchenvertreter:innen aus der Ukraine und Russland an einem Tisch und gaben Einblick in die aktuelle kirchliche Arbeit im Krieg.

Oberkirchenrätin Ingrid Bachler im Rat wiedergewählt

Am 30. August wurde auch ein neuer Rat mit 13 Mitgliedern, darunter das dreiköpfige Präsidium, gewählt. Dieser wird die Arbeit der GEKE in den nächsten sechs Jahren gemeinsam mit dem derzeitigen Generalsekretär Dr. Mario Fischer leiten, dessen Amtszeit in der Mitte der kommenden Ratsperiode endet.

Zur neuen geschäftsführenden GEKE-Präsidentin wurde Pfarrerin Rita Famos (Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche in der Schweiz) gewählt. Sie folgt in diesem Amt dem Briten John Bradbury von der „Vereinigten Reformierten Kirche“ („United Reformed Church“) mit Sitz in London. Die zwei weiteren Präsidenten sind Bischof Marko Tiitus von der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche sowie Theologieprofessor Georg Plasger (Siegen), Mitglied der Evangelisch-reformierten Kirche in Deutschland und der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Die neuen Ratsmitglieder und ihre Stellvertreter:innen kommen aus 15 verschiedenen europäischen Ländern, unter ihnen Oberkirchenrätin Pfarrerin Ingrid Bachler von der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich. Der neue Rat berücksichtigt die verschiedenen Regionen der GEKE und achtet auf ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern. Ebenfalls werden die vier verschiedenen Konfessionsfamilien (reformiert, lutherisch, methodistisch und uniert) berücksichtigt.

Körtner: „Christentum insgesamt steht in Europa vor dramatischen Veränderungen“

Der reformierte Theologe Ulrich Körtner aus Wien war als Experte nach Hermannstadt eingeladen. In einem „Interview des Tages“ sagte der Professor für Systematische Theologie: „Das Christentum insgesamt steht in Europa vor dramatischen Veränderungen. Die Kirchen verlieren an Mitgliedern.“ Auch die protestantischen Kirchen seien von diesen Umbrüchen betroffen. „Umso wichtiger ist es, die Gemeinschaft der evangelischen Kirchen zu stärken und zu vertiefen.“

Auf die Frage, ob es überhaupt eine „Europäische Theologie“ gibt, meinte Körtner: „Schaut man sich die Entwicklung der GEKE an, kann man durchaus von einer europäischen Theologie sprechen. Es gibt ja innerhalb der GEKE eine gesamteuropäische Lehrbildung, auch im Bereich der Ethik und der Sozialethik.“ Er würde wünschen, „dass die Ergebnisse dieser Lehrbildung, also der verschiedenen Lehrgespräche und Studienprozesse, stärker als bisher auch in das Theologiestudium und in theologische Lehrbücher Eingang finden“. Als besonders interessant bezeichnete der reformierte Theologe Gespräche mit jüngeren Theologinnen und Theologen. „Die Rolle der jungen Theologengeneration innerhalb der GEKE muss gestärkt werden“, betont Körtner.

Famos: „Hohe Fähigkeit zur Synodalität“

Bei der Abschlusspressekonferenz zeigte sich die neue GEKE-Präsidentin Rita Famos beeindruckt über die hohe Fähigkeit zur Synodalität bei der Vollversammlung. „Wir haben klare Statements, aber wir sind offen für andere Meinungen. Im Zuhören kann auch die eigene Sichtweise noch einmal hinterfragt werden“, so Famos. Auch Generalsekretär Mario Fischer zog ein positives Resümee: „Wir konnten alle Vorhaben für die Zukunft verabschieden. Die Bedeutung der Leuenberger Konkordie wurde dabei sichtbar.“ Er betonte auch, dass Theologie mittlerweile global anders als in den traditionellen Kirchen Europas gelebt werde, was sich auch in den Migrationskirchen in Europa zeige. Hier kämen europäische Theolog:innen mitunter an die Grenzen ihrer Sprachfähigkeit.

Famos präsentierte auch die GEKE-Arbeitsprozesse der kommenden sechs Jahre: So werde man die Frage nach dem Menschenbild mit den zunehmenden Möglichkeiten künstlicher Intelligenz und der bioethischen Aspekte aus evangelischer Sicht beleuchten. Auch werde man ökumenische Gespräche, v.a. mit der baptistischen, katholischen und anglikanischen Kirche fortsetzen. Auch den Bereichen Migration und Friedensethik werde man sich widmen.

Vier neue Mitgliedskirchen

Gleich zu Beginn der Tagung wurden in der GEKE vier neue Mitgliedskirchen willkommen geheißen: die Evangelisch-Lutherische Kirche in Georgien, die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in der Ukraine, die (lutherische) Kirche von Island sowie die Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Lettland.

Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa wurde 1973 gegründet, damals noch unter dem Namen „Leuenberger Kirchengemeinschaft“. Mit der Verabschiedung der Erklärung auf dem Leuenberg bei Basel wurde eine seit der Reformation im 16. Jahrhundert bestehende, mehr als 450 Jahre währende Trennung innerhalb der evangelischen Kirchen beendet. Die Mitgliedskirchen gewähren sich aufgrund dieses historischen Dokuments Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft. Heute vertritt die GEKE rund 40 Millionen evangelische Christinnen und Christen aus über 30 Ländern Europas und Südamerikas.

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Hennefeld | GEKE | Körtner | Chalupka | Bachler

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