31.12.2022

Zum Tod Benedikts XVI. – Chalupka: Ökumenische Bilanz fällt differenziert aus

Evangelisch-lutherischer Bischof würdigt das Wirken von Joseph Ratzinger

In seinem ökumenischen Wirken hat Benedikt XVI. - hier auf einem Archivbild von 2007 - wesentliche Schritte bereits als Präfekt der Glaubenskongregation vor seiner Wahl zum Papst gesetzt. (Foto: wikimedia/Tadeusz Górny)

Evangelisch-lutherischer Bischof würdigt das Wirken von Joseph Ratzinger

Wien (epdÖ) – Mit seinem Rücktritt als Papst habe Benedikt XVI. „dem Bild des Papsttums neue Humanität verliehen“, so der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka in einer ersten Reaktion zum Tod des emeritierten Papstes. „Sein epochaler Entschluss, zum 28. Februar 2013 auf sein Amt als Papst zu verzichten, bezeugt eine freie Demut im Amtsverständnis, die man aus evangelischer Sicht voll Hochachtung und Respekt wahrnimmt.“

Chalupka würdigt den emeritierten Papst Benedikt XVI. in seiner Bedeutung für die Ökumene. „In seiner Amtszeit als Papst galt seine Aufmerksamkeit mehr einer Vertiefung des katholischen Selbstverständnisses und weniger der Weiterentwicklung des ökumenisches Gesprächs“, erklärt Chalupka gegenüber dem Evangelischen Pressedienst. In seinem ökumenischen Wirken habe er die wesentlichen Schritte bereits als Kardinal und Präfekt der Glaubenskongregation, vor seiner Wahl zum Papst, gesetzt. Die ökumenische Bilanz bewege sich zwischen zwei theologischen Dokumenten, einmal der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999 auf der einen und „Dominus Iesus“ von 2000 auf der anderen Seite. Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre sei „ein großer Schritt auf dem ökumenischen Weg“, weil sie gegenseitige Lehrverurteilungen aufgehoben und das gemeinsame Verständnis des Heils betont habe, das allein aus dem Glauben kommt und zu guten Werken führt. „Dominus Iesus“ hingegen habe zu großen Irritationen geführt, weil darin die protestantischen Kirchen nicht als „Schwesterkirchen“ bezeichnet und ihnen das Wesen einer gleichberechtigten Kirche abgesprochen wurde.

Seine Wertschätzung gegenüber der evangelischen Tradition brachte Papst Benedikt XVI. wiederum dadurch zum Ausdruck, dass er als erster Papst überhaupt einen Ort besuchte, an dem Martin Luther lebte und wirkte: Im September 2011 folgte Benedikt XVI. einer evangelischen Einladung und besuchte das Augustinerkloster in Erfurt. Die evangelischen Kirchen hätten vor allem in diesen Deutschland-Besuch 2011 hohe Erwartungen gesetzt, die allerdings nicht erfüllt wurden.

„Vor allem dass weiterhin kein gemeinsames Abendmahl möglich ist und das Amtsverständnis sind offene ökumenische Fragen, ja schmerzhafte Wunden“, so Chalupka, „die im Übrigen auch unter seinem Nachfolger, dem amtierenden Papst Franziskus bislang ungelöst sind“.

Dass es beim Besuch von Benedikt XVI. in Österreich im Jahr 2007 – anders als etwa beim Besuch seines Vorgängers Johannes Paul II. – zu keiner offiziellen Begegnung gekommen sei, habe „großes Bedauern“ auf protestantischer Seite ausgelöst. Persönlich erinnert sich Chalupka, der damals Direktor der Diakonie Österreich war, an eine Begegnung mit Benedikt XVI. im Rahmen seines Besuchs in Österreich. Bei einem Treffen mit Vertreter*innen christlicher Hilfsorganisationen habe er mit Benedikt XVI. sprechen können. „Ich war sehr beeindruckt von seinem umfassenden Wissen über die Zusammenarbeit von Caritas und Diakonie, sowie über die Hilfsaktionen ‚Nachbar in Not‘ und ‚Licht ins Dunkel‘“, erzählt Chalupka. Außerdem sei deutlich geworden, wie intensiv sich Benedikt XVI. mit dem Ökumenischen Sozialwort der Kirchen in Österreich befasst habe.

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Creative Commons 3.0 Unported (CC BY-SA 3.0)

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Ökumene | Chalupka | Papst

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