20.06.2016

Kirchenvertreter fordern bessere Behandlung von Flüchtlingen

Offener Brief an Bundesregierung und Landeshauptleutekonferenz aus Vorarlberg

Während der von Frontex geführten Operation Triton im südlichen Mittelmeer rettet das irische Flaggschiff LÉ Eithne zahlreiche Flüchtlinge. (Foto: Wikipedia/Irish Defence Forces)

Offener Brief an Bundesregierung und Landeshauptleutekonferenz aus Vorarlberg

Bregenz (epdÖ) – Vertreter christlicher Kirchen in Vorarlberg wenden sich anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20. Juni in einem offenen Brief an die österreichische Bundesregierung und die Landeshauptleutekonferenz. Darin enthalten ist auch ein Forderungskatalog im Umfang von zehn Punkten.

„Wir erwarten eine menschliche Behandlung aller flüchtenden Menschen, unabhängig davon, ob sie gemäß internationalem Recht ein Anrecht auf Asyl haben oder nicht“, so der erste Punkt des Forderungskatalogs. In dem Schreiben treten die Kirchenvertreter für eine an „Menschenwürde und Menschenrechten orientierte Asyl- und Einwanderungspolitik“ ein und stellen sich deutlich gegen „restriktiv-menschenverachtende Positionen und Personen“ in der Diskussion um eine europäische Flüchtlingspolitik. Darüber hinaus wird von Seiten der Politik eine Wirtschafts- und Außenpolitik gefordert, die nicht auf Abschottung abzielt, sondern auch ärmeren Ländern Entwicklungsperspektiven bietet.

Kritik geübt wird auch am ausverhandelten „Flüchtlingsdeal“ zwischen der Europäischen Union und der Türkei: „Die Probleme werden nicht gelöst, sondern verlagert: Massive Menschenrechtsverletzungen (wie z.B. die Abschiebung von syrischen Kriegsflüchtlingen zurück in das Kriegsland) wie auch die politische Einflussnahme auf demokratische Grundprinzipien (z.B. Meinungs- und Pressefreiheit) machen die Türkei als Partner für eine dauerhafte Lösung in der Flüchtlingsfrage mehr als fragwürdig“, heißt es dazu in dem offenen Brief.
Deutlich rufen die Kirchenvertreter darin zu einer „verbalen Abrüstung“ auf und distanzieren sich von jeder Form der Hetze, Vorverurteilung und Missachtung der Menschenwürde, wie sie etwa in Begriffen wie „Wirtschaftsflüchtlinge“, „Flüchtlingswelle“ oder „Überschwemmung“ zum Ausdruck komme.

Die Unterzeichner sind sich einig, dass es dringend ein europäisches Aufnahme- und Verteilsystem brauche sowie legale Wege für Flüchtlinge, nach Europa zu kommen. „Vorschläge wie das Abfangen und Zurückschicken von Flüchtlingen auf offener See oder deren Internierung auf einzelnen vorgelagerten Inseln sind aus humanitärer und menschenrechtlicher Sicht abzulehnen.“ Die Bundesregierung wird außerdem dazu aufgefordert, Waffenlieferungen aus Österreich ins Ausland genaueren Kontrollen zu unterziehen. Schließlich wird die langjährige Forderung wiederholt, dass Österreich seiner Verpflichtung nachkommen und 0,7 Prozent des Bruttonationalprodukts (BNP) für Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen soll. „Es ist beschämend für ein so reiches Land wie Österreich, dass das Land hier nach wie vor säumig ist“, so die Vertreter der christlichen Kirchen in Vorarlberg.

„Wenn Menschen, denen jegliche Lebensgrundlage genommen wurde, fliehen, um wenigstens ihr eigenes und das Leben ihrer Angehörigen zu retten, dann sollten wir versuchen, uns in ihre verzweifelte Lage hineinzudenken und die Gründe für ihre Entscheidung zu verstehen, anstatt sie ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ zu nennen und ihnen zu sagen: ‚Für euch haben wir keinen Platz!‘ Ansonsten verrät Europa – und mit ihm auch Österreich – seine besten humanitären Traditionen“, heißt es wörtlich in dem offenen Brief, der unter anderem vom evangelischen Pfarrer Ralf Stoffers (Bregenz), dem altkatholischen Altbischof John Okoro, dem römisch-katholischen Pfarrer Eugen Giselbrecht und dem serbisch-orthodoxen Pfarrer Nicola Balovic (Feldkirch) unterzeichnet wurde.

Den Wortlaut des offenen Briefes finden Sie hier

ISSN 2222-2464

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Flüchtlinge | Vorarlberg

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