24.11.2023

Religionspädagogin Vecera über Rassismus: „Wandel in unserem Denken“ braucht Gespräche

Pastoralkolleg veranstaltete „Kacheltalk“ via Zoom über rassistische Strukturen in der Kirche

Sarah Vecera veranschaulichte in ihrem Vortrag, dass das „Weißsein“ in der Kirche immer noch als „die Norm“ gelte. (Screenshot: epd / M. Link)

Pastoralkolleg veranstaltete „Kacheltalk“ via Zoom über rassistische Strukturen in der Kirche

Wien (epdÖ) – Rassistische Strukturen in kirchlichen Kontexten standen im Mittelpunkt des „Kacheltalk“ via Zoom am 23. November mit Sarah Vecera, der stellvertretenden Leiterin der Abteilung Deutschland der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) und Bildungsreferentin mit dem Schwerpunkt „Rassismus und Kirche“.

„Das Weißsein ist inhärent mit Christlichsein“, hob Vecera eingangs in der unter dem Titel „Rassismuskritik“ stehenden Online-Veranstaltung hervor. Das „Weißsein“ werde in Europa seit Jahrhunderten hinweg in der Gesellschaft und auch der Kirche als „die Norm“ betrachtet, betonte die Theologin und Religionspädagogin, die in ihrem Buch „Wie ist Jesus weiß geworden?“ ihren „Traum von einer Kirche ohne Rassismus“ beschreibt. Jesus von Nazareth und etwa der in der Antike in Nordafrika lebende Kirchenlehrer Augustinus von Hippo seien trotz ihres nicht-europäischen Aussehens in der Neuzeit durch künstlerische Darstellungen sowie durch die Kirche „weiß gemacht” worden.

In der Bibel werde zwar Versklavung thematisiert, allerdings würden darin keine Menschenrassen erwähnt, hielt Vecera fest. Erst die „Entdeckung“ Amerikas 1492 durch Christoph Columbus und die späteren Folgen für die Indigenen hätten dem Rassismus „den Weg geebnet“. Auch die Philosophie zur Zeit der Aufklärung habe zu rassistischem Denken beigetragen. So habe etwa der deutsche Philosoph Immanuel Kant postuliert, dass die Menschheit „in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen“ sei.

„Es ist kein Zufall, dass wir weltweit von weißen, männlichen Theologen lernen“, sagte Vecera, die zudem an die christliche Farbsymbolik erinnerte: Demnach stehe Schwarz für das Böse sowie für Tod und Trauer, während Weiß das Gute und „Himmlische“ symbolisiere. Darüber hinaus werde in der Kirche durch aktuelle Bilder etwa zu Hilfseinsätzen in anderen Ländern die Botschaft transportiert: „Weiße helfen und lehren, Schwarze empfangen.“ Kritisch merkte Vecera auch an, dass es in deutschen Kirchen selten interkulturelle Predigten gebe.

Es gelte schließlich, ein Bewusstsein für rassistische Strukturen in kirchlichen Kontexten, „die weißen Menschen oft gar nicht auffallen“, zu entwickeln. In der Folge seien der Religionspädagogin zufolge Möglichkeiten zu überlegen, eine Kirche zu gestalten, in der sich jeder einzelne Mensch willkommen und angenommen fühlt. Wichtig sei dabei der Dialog mit Menschen, die sich rassistisch oder vorurteilsbehaftet äußern, denn „indem wir miteinander ins Gespräch kommen, schaffen wir einen Wandel in unserem Denken“, war Vecera überzeugt.

Im Anschluss an den Vortrag wurden die Teilnehmenden eingeladen, in Kleingruppen miteinander ins Gespräch zu kommen und über ihre Erfahrungen und Überlegungen für eine Kirche ohne Rassismus bzw. ohne rassistische Stereotype zu sprechen.

Der Kacheltalk ist ein 90- bis 120-minütiges digitales Format mit Referent:innen zu aktuellen Themen, veranstaltet vom Pastoralkolleg der Evangelischen Kirche in Österreich, dem Pastoralkolleg Drübeck (CH), Villigist (CH) und Ratzeburg (D), von der Pfarrerweiterbildung Bern (CH) sowie dem Theologischen Studienseminar Pullach (D). Zielgruppen des Kacheltalks sind Pfarrer:innen, Diakon:innen, Religionspädagog:innen, Kirchenleitende sowie Theolog:innen. Der nächste Kacheltalk findet am Mittwoch, 14. Februar 2024, statt.

ISSN 2222-2464

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