Ökumenische Bitte um Vergebung zum Tag des Judentums
ÖRKÖ-Vorsitzender Prokschi: „Erinnerung ist Grundbedingung für gelingende Versöhnung“
ÖRKÖ-Vorsitzender Prokschi: „Erinnerung ist Grundbedingung für gelingende Versöhnung“
Wien (epdÖ) – Mit einem ökumenischen Gottesdienst haben die christlichen Kirchen in Österreich des „Tages des Judentums“ (17. Jänner) gedacht. Der vom Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) ausgerichtete Gottesdienst fand am Freitagabend in der Kirche der evangelisch-reformierten Gemeinde Wien-Süd statt. Mit der ökumenischen Gottesdienstgemeinde feierte der neue ÖRKÖ-Vorsitzende Rudolf Prokschi. In seiner Predigt unterstrich Prokschi, dass der „Tag des Judentums“ zugleich ein Tag des gemeinsamen christlichen Bittens um Vergebung für das Leiden sei, welches der christliche Antisemitismus historisch immer wieder über die Jüdinnen und Juden gebracht habe. „In ökumenischer Verbundenheit denken wir an das Volk Israel, weil es uns alle etwas angeht.“ So solle laut Prokschi sichtbar werden, „wie wertvoll uns allen das Judentum ist“.
Die Bitte um Vergebung sei stets an die Hoffnung auf Versöhnung geknüpft, führte der ÖRKÖ-Vorsitzende im Gespräch mit der katholischen Nachrichtenagentur „Kathpress“ weiter aus. Eine solche Versöhnung könne gewiss nicht verordnet werden, vielmehr sei die Grundbedingung für gelingende Versöhnung die Erinnerung. Im Rückblick auf die eigene Geschichte könnte schließlich keine christliche Kirche von sich behaupten, sich nicht einmal schuldig gegenüber dem Judentum gemacht zu haben.
Bei dem Gottesdienst erinnerte außerdem der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, an die Gründung des Ausschusses vor 64 Jahren. Damals, im Jahr 1956, sei es noch außergewöhnlich gewesen, dass Jüdinnen und Juden sich auf das Gespräch mit Christen einließen. Heute würde der vom Koordinierungsausschuss strukturierte Dialog u.a. in den Bereichen Bildung und Wissenschaft erfolgreich weiter geführt, so Jäggle.
An dem Gottesdienst nahmen u.a. der griechisch-orthodoxe Bischofsvikar Ioannis Nikolitsis, Pastorin Esther Handschin, Superintendent Matthias Geist, der altkatholische Bischof Heinz Lederleitner, der syrisch-orthodoxe Chorepiskopos Emanuel Aydin und der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic teil.
Der „Tag des Judentums“ wurde im Jahr 2000 vom ÖRKÖ eingeführt mit dem Ziel, dass sich Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll mit und an diesem Tag auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Die Initiative zum „Tag des Judentums“ geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück.
Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter.
ISSN 2222-2464