21.10.2010

„Kinder gehören nicht ins Gefängnis“

Kirchen und Religionsgemeinschaften stellen sich hinter Initiative "Gegen Unrecht"

v.l.n.r.: Fuat Sanac, Diözesanbischof Manfred Scheuer, Bischof Michael Bünker, Bischofsvikar Nicolae Dura, Rabbiner Schlomo Hofmeister

Kirchen und Religionsgemeinschaften stellen sich hinter Initiative „Gegen Unrecht“

Wien (epd Ö) – Die Kirchen und Religionsgemeinschaften in Österreich haben einen Schulterschluss für die Wahrung der Kinderrechte vollzogen. Anlass dafür sind jüngste Fälle, bei denen minderjährige AsylwerberInnen in Schubhaft geraten sind. Vertreter der katholischen Kirche, der evangelischen und orthodoxen Kirchen sowie des Islam und des Judentums bekannten sich am Donnerstag in einer Pressekonferenz am Rande der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖ) zur Aktion der Plattform „Gegen Unrecht“ und schlossen sich deren Forderungen an.

 

„Wir wollen deutlich Ja sagen zur Aktion gegen Unrecht“, begründete der evangelisch-lutherische Bischof und stellvertretende ÖRKÖ-Vorsitzende Michael Bünker die Unterstützung. Die Forderungen, welche die Hilfsorganisationen vorgebracht hätten – „Kinderrechte gehören ohne Abstriche in die Verfassung“ – seien immer Forderungen der Kirchen und Religionsgemeinschaften gewesen. Der Schulterschluss sei nichts Ungewöhnliches, betonte Bünker, zuletzt habe es diesen bei der Ausarbeitung des Integrationsplans gegeben. Der evangelisch-lutherische Bischof zeigte sich zuversichtlich, dass man Gehör in der Politik finden werde: „Die Gesprächsbasis ist da.“ Gemeinsam ginge es darum zu verhindern, dass Kinder in Schubhaft gesteckt und Familien auseinandergerissen werden.

 

Der katholische Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer, ebenfalls stellvertretender ÖRKÖ-Vorsitzender und in der Bischofskonferenz für die Caritas zuständig, bezog sich auf die UN-Kinderrechtskonvention: „Das Wohl des Kindes ist vorrangig“, Schubhaft für Kinder sei eine schwere Verletzung des Völkerrechts. Daher seien getrennte Abschiebungen „zu unterlassen“ und gelindere Mittel anzuwenden, etwa eine regelmäßige Meldepflicht bei den Behörden. Im Bleiberecht ortet Scheuer eine Rechtsschutzlücke, da man sich gegen Stellungnahmen der Sicherheitsdirektion nicht wehren könne. Zudem kritisierte der Bischof die „ständige Vermengung“ von Asyl und Sicherheit sowie kolportierte Zahlen von untergetauchten Asylwerbern. Der Großteil handle „korrekt und kooperativ“.

 

Auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) unterstützt „Gegen Unrecht“. Fuat Sanac, Vorsitzender des Schurarates, forderte einen „geordneten Umgang“ mit der Problematik. „Es ist nicht einzusehen, dass schuldlose Kinder für die Fehler der Behörden büßen müssen.“ Eine Festnahme sei daher indiskutabel sowie unmenschlich und unwürdig.

 

Nicolae Dura, Bischofsvikar der Rumänisch-orthodoxen Kirche und Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, begründete sein Engagement theologisch: „Die Kinder gehören zum Reich Gottes und sind Vorbild.“ Allein aus diesem Grund verstehe man solche „Verletzungen“, wie die Inhaftierung von Minderjährigen, nicht.

 

Rabbiner Schlomo Hofmeister, der für die Israelitische Kultusgemeinde Wien (IKG) das Wort ergriff, verwies auf die oft gepriesenen Werte des christlich-jüdischen Abendlandes, die man allerdings auch leben müsse. Wenn bestehende Gesetze diese Werte untergraben, müssten diese Gesetze geändert werden. Hofmeister: „Hier ist der Gesetzgeber gefragt.“ Er zog einen zeitgeschichtlichen Vergleich: „Deportation und Auseinanderreißen von Familien haben eine Geschichte in diesem Land, und sie sollten der Vergangenheit angehören.“

ISSN 2222-2464

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