11.12.2022

Heilige Familie

Maria Katharina Moser über die Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit

„Das Bild der ´Heiligen Familie´ im Stall von Bethlehem vor Augen, hängen die Erwartungen an ein schönes, friedvolles Fest hoch. So hoch, dass sie nicht selten enttäuscht werden“, schreibt Maria Katharina Moser. (Foto: epd/Uschmann)

Maria Katharina Moser über die Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit

„‘Darf ich überhaupt zu einem Familiengottesdienst kommen? Ich habe keine Familie, und meine Eltern sind schon lange tot.‘ Das hat mich neulich Susanne gefragt, die in einer Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen in der Nachbarschaft unserer Kirche wohnt und öfters in den Gottesdienst kommt“, erzählt eine Pfarrerin und liebe Kollegin. „Ich werde immer wieder durch diese großartige Frau auf Dinge aufmerksam gemacht“, fügt sie hinzu.

Auf die Sache mit der Familie aufmerksam zu werden, das ist gerade in der Advents- und Weihnachtszeit wichtig, da sind wir uns einig, meine Kollegin und ich. Denn es ist eine Zeit, in der das Bild von der heilen Familie besonders präsent ist in unseren Köpfen und die Sehnsucht nach familiärer Geborgenheit besonders stark in unseren Herzen – die Familie, versammelt um den Adventkranz und unter dem Weihnachtsbaum.

In so mancher Familie wird diskutiert, in wessen Wohnung der Christbaum stehen soll und wer wann mit wem feiert. Das Bild der „Heiligen Familie“ im Stall von Bethlehem vor Augen, hängen die Erwartungen an ein schönes, friedvolles Fest hoch. So hoch, dass sie nicht selten enttäuscht werden. An wen wir wenig denken: an Menschen, die zu Weihnachten jemanden vermissen. Menschen, deren Partner oder Partnerin verstorben ist, vielleicht schon vor Jahren. Eltern, die ein Kind verloren haben, Kinder, die keine Eltern (mehr) haben. Eltern, die sich so sehr ein Kind wünschen, aber keines bekommen können. Wie können sie sich angesprochen fühlen und das Familienfest mitfeiern?

Der Blick in die Bibel zeigt uns, dass es wohl auch in der Heiligen Familie nicht ganz so harmonisch zuging, wie in der Weihnachtskrippe dargestellt. Josef gedachte zuerst, Maria heimlich zu verlassen, als er herausfand, dass sie schwanger war, berichtet der Evangelist Matthäus. Der zwölfjährige Jesus büxt aus und erklärt seinen verzweifelten Eltern, als sie ihn endlich im Tempel finden: „Warum habt ihr mich denn gesucht? Habt ihr nicht gewusst, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“ Als Jesus erwachsen ist, kommen eines Tages seine Mutter und Brüder zu ihm. Sie wollen mit ihm reden. „Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Brüder?“ antwortet Jesus und zeigt auf seine Jünger und Jüngerinnen: „Das hier sind meine Mutter und meine Brüder! Denn wer tut, was mein Vater im Himmel will, der ist mein Bruder, meine Schwester und meine Mutter.“

Jesus denkt Familie weiter und größer als Herkunftsfamilie. Das tut auch meine Pfarrer-Kollegin. Sie sagt: „Susanne gehört natürlich zu unserer großen Familie, die offen ist für alle, die sich da wohl fühlen.“

ISSN 2222-2464

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Weihnachten | Moser

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