31.05.2017

Bünker: Luther war kein Reformkatholik

Gesprächsabend im Linzer Kepler-Salon

Die aktuelle Situation der Ökumene und eine erste Bilanz des Reformationsjubiläums standen im Mittelpunkt des Gesprächs in Linz. v.l.: Bischof Michael Bünker und "Standard"-Journalist Markus Rohrhofer. Foto: epd/T. Dasek

Gesprächsabend im Linzer Kepler-Salon

Linz, 30. Mai 2017 (epdÖ) – Martin Luther war „kein Reformkatholik“, sondern stand für eine eigene Form von Kirche. Ein Ökumene-Modell, das die Evangelische und die Katholische Kirche zu „irgendeiner Union“ verschmelze, hält der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker für „unrealistisch“, vorstellbar sei nur „ein Miteinander verschiedener Kirchen“. Am Montagabend, 29. Mai, sprach Bünker auf Einladung des Journalistenforums der Diözese Linz und des Kepler-Salons über seine Einschätzung der Ökumene und zog eine erste Bilanz des Jubiläums „500 Jahre Reformation“, das die Evangelischen Kirchen 2017 begehen.

An „Schroffheiten“ seien sich beide Seiten im Verhältnis zueinander in der Vergangenheit oft „nichts schuldig geblieben“, heute werde deutlich, „dass wir uns über Einheitsvorstellungen verständigen müssen“, meinte der Bischof im Gespräch mit dem „Standard“-Journalisten Markus Rohrhofer. Als ein „Modell, das sich leben lässt“, brachte Bünker die Kirchengemeinschaft ins Spiel, wie sie in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) realisiert ist. In diesem Modell würden Unterschiede respektiert – „nicht jeder Unterschied ist trennend“ – und Ämter einschließlich der Frauenordination anerkannt, erklärte Bünker, der auch Generalsekretär der GEKE ist. Wenn auch dieses Modell nicht dem römischen Kirchenverständnis entspreche, ortet der Bischof doch ein „Signal der Öffnung und des gemeinsamen Interesses aneinander“, etwa im qualifizierten Dialog, den der Päpstliche Einheitsrat mit der GEKE führe.

Berührungspunkte zwischen den Kirchen sieht Bünker 500 Jahre nach der Reformation in der „gemeinsamen Freude über die Wiederentdeckung des Evangeliums“, im Bedauern über die Spaltung und die Gewalt, die die Kirchen sich gegenseitig angetan hätten und auch in der Freude darüber, „dass es gelungen ist, die Geschichte der Reformation gemeinsam und nicht mehr gegeneinander zu schreiben“. Heute müsse es vor allem darum gehen: „Wofür sind wir als Kirchen da in Europa, was ist unser gemeinsamer Auftrag?“

Beeindruckt ist Bünker, wie „entschlossen und intensiv“ in den kleinen Evangelischen Kirchen in Österreich das Reformationsjubiläum aufgegriffen werde. Besonders freue ihn auch das große Interesse von säkularen Stellen, das sich etwa in der großen Ausstellung im Wien Museum, aber auch bei zahlreichen Landesstellen zeige. Hier werde deutlich, dass die Reformation nicht nur ein kirchliches, sondern ein gesamteuropäisches Ereignis sei, das die Gesellschaft grundlegend verändert habe. Erfreut zeigte sich der Bischof auch über das katholische Interesse, sichtbar etwa in Ausstellungen in St. Peter in Salzburg oder im Diözesanmuseum St. Pölten.

Luther beschrieb Bünker als „vielschichtige Persönlichkeit“, die stark im Mittelalter verhaftet gewesen sei. Sein Judenhass und die unmäßige Polemik gegen den Papst seien „Seiten, die man nicht akzeptieren kann“. Auf der anderen Seite stehen die „großartige Bibelübersetzung“ oder Luthers Verdienste um die deutsche Sprache. Weder dürfe es eine „Schönfärberei“ oder einen „Heiligenkult“ um Martin Luther geben, warnte Bünker, noch dürften seine dunklen Seiten weggeschoben werden.

Mit der Reformation habe eine Bildungsreformation eingesetzt, erinnerte der Bischof, ein Thema, das auch heute nichts an Aktualität verloren habe. Bildung für alle, die Befähigung zum eigenverantwortlichen Leben und die Verantwortung für Menschen, die Hilfe brauchen, seien bleibende Anliegen der Reformation. Dazu brauche es auch den „Mut zur Veränderung“, wie er in der Reformation spürbar werde, so Bünker.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.