24.03.2009

Wirtschaftskrise: Kirchen wollen „nachhaltige Entwicklung“

Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich warnt vor Rückkehr zu der "in den letzten Jahrzehnten gewohnten Tagesordnung" - Einführung einer Devisentransaktionssteuer und Erhöhung der öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vordringlich

Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich warnt vor Rückkehr zu der „in den letzten Jahrzehnten gewohnten Tagesordnung“ – Einführung einer Devisentransaktionssteuer und Erhöhung der öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vordringlich

Wien (epd Ö) – Bei der Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise geht es darum, Lebens- und Wirtschaftsformen zu entwickeln, die eine „nachhaltige Entwicklung der gesamten Menschheit ermöglichen“, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ). Die derzeitige weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise habe „schwerwiegende und unabsehbare Folgen“ für Millionen Menschen. Viele Menschen würden in Armut, Arbeitslosigkeit, Sorge und Verzweiflung gestürzt; Regierungen seien gezwungen, ihre Länder hoch zu verschulden. Diese weltweite Krise fordere das Denken und Handeln aller verantwortungsvollen Menschen heraus, die Ursachen dieser Krise zu erforschen und neue Strukturen zu erarbeiten. Es gehe aber nicht, zu der in den letzten Jahrzehnten gewohnten Tagesordnung zurückzukehren. Die Krise sei auch eine Chance, über eine gerechtere und nachhaltigere Wirtschaftsordnung nachzudenken. Die Kirchen sehen ihre Teilnahme an der Diskussion darüber als Auftrag im Dienste am Gemeinwohl der einen Welt.

Der Ökumenische Rat verurteilt den „unverantwortlichen Missbrauch von anvertrautem Vermögen“ sowie die „Gier nach Geld um seiner selbst willen“ und erinnert an die „biblische Forderung nach einer gerechteren Verteilung von Vermögen und Einkommen“. Wirtschaft als Mittel „zur Schaffung menschenwürdiger Lebensumstände“ sei zu bejahen; eine Finanzwirtschaft, die sich der Verantwortung für Umwelt, Gerechtigkeit und Zukunft entzieht, sei aber „der falsche Weg“. Die Kirchen seien daher solidarisch mit allen, „die sich bemühen, Wege aus der Krise aufzuzeigen und Regeln einzuführen, die Leben und Wirtschaften in Gerechtigkeit sichern“.

In vielen Erklärungen der Vollversammlungen des Weltkirchenrats, bei den drei Europäischen Ökumenischen Versammlungen von Basel, Graz und Sibiu hätten die Kirchen eine „grundlegende Reform des Weltwirtschaftssystems“ gefordert; in Österreich sei dies u.a. im Ökumenischen Sozialwort geschehen. Konkret gehe es darum, so der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich, umfassende Maßnahmen im Sinne internationaler und globaler Steuergerechtigkeit und zur Stärkung der öffentlichen Haushalte durch Einführung einer Devisentransaktionssteuer, multilaterale Vereinbarungen für eine einheitliche Besteuerung transnationaler Konzerne und Schließung der „Steueroasen“ zu treffen.

Notwendig sei aber auch eine grundlegende „Reform des internationalen Finanzsystems“. Eine solche Reform umfasse auch die „Demokratisierung“ der internationalen Finanzinstitutionen und der WTO im Sinne der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Menschenrechte und die gesetzliche Verankerung der sozialen und umweltbezogenen Rechenschaftspflicht für Unternehmen. Das ethische Investment zur Förderung sozialer und ökologischer Ziele müsse gefördert werden.

Der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich tritt für die Erhöhung der öffentlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit seitens der Industrieländer mindestens auf die seit Jahrzehnten versprochenen 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein. Für die ärmsten Länder (die 26 „least developed countries“) müsse es einen Schuldenerlass geben. Illegitime und moralisch verwerfliche Schulden („odious debts“) dürften nicht anerkannt werden.

ISSN 2222-2464

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