02.09.2023

Versöhnungsort

Michael Chalupka über AGAPE, ein Zentrum der Begegnung

Trotz erlittener Verfolgung sind die Waldenser nicht fanatisch und verbittert geworden, sondern setzen heute auf Offenheit und Versöhnung, unterstreicht Michael Chalupka. (Foto: wikimedia/CC)

Michael Chalupka über AGAPE, ein Zentrum der Begegnung

Jeder braucht einen Ort, an dem er Kraft tanken kann. Ab und an brauche ich mein Italien. Jeder hat sein Italien, erstens ist das Land groß, zweitens kann das Italien, das einer braucht, um aufzutanken, auch an der Alten Donau liegen.

Ich habe meinen Ort vor vielen Jahren entdeckt und konnte ihn in diesem Sommer wieder einmal besuchen. Er liegt nicht am Meer, sondern hoch in den Alpen an der französischen Grenze. Dort leben die Waldenser.

Die Waldenser waren Ketzer, die von der Inquisition blutig verfolgt wurden, weil sie schon im Mittelalter ein Christentum leben wollten, das den Kriegsdienst verurteilte, sich um die Armen kümmerte und in dem Frauen predigen durften.

Als Ketzer verdammt haben sie erlebt, was es heißt, Minderheit zu sein und verfolgt zu werden. Sie sind selbst aber nicht fanatisch und verbittert geworden, sondern setzen heute auf Offenheit, auf Versöhnung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der waldensische Pfarrer Tullio Vinay nahe bei Turin das Versöhnungszentrum AGAPE gebaut. In AGAPE haben die ersten Versöhnungsgespräche zwischen italienischen Partisanen und deutschen Soldaten stattgefunden, schon zwei Jahre nach dem Krieg, und es haben sich dort schon vor dreißig Jahren nordirische Katholiken und Protestanten getroffen.

Doch AGAPE lebt nicht von der Vergangenheit. Auch heute sind dort junge Menschen aus ganz Europa zu treffen. Denn unser Kontinent hat Versöhnung immer noch bitter nötig.

ISSN 2222-2464

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Chalupka | Waldenser

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