08.08.2023

Telefonseelsorge weist im Sommer Anruf-Maximum auf

Leiterin Keßelring: Ehrenamtliche wollen „Wohlfühlraum“ eröffnen

„Sorgen fahren nicht auf Urlaub“, betont Antonia Keßelring, Leiterin der Telefonseelsorge Wien. (Foto: Erzdiözese Wien/ Stephan Schönlaub)

Leiterin Keßelring: Ehrenamtliche wollen „Wohlfühlraum“ eröffnen

Wien (epdÖ) – In der Urlaubssaison erreichen die Notrufnummer 142 die meisten Anrufe im Jahresverlauf. Allein im Juli zählte die Telefonseelsorge Wien rund 4.200 Gespräche, wie die Erzdiözese Wien in einer aktuellen Aussendung mitteilt.

Damit liegen die Anruferzahlen im Juli sogar vor jenen von Weihnachten im Dezember 2022, zu der traditionell viele Menschen die 142 anrufen. „Sorgen fahren nicht auf Urlaub. Im Sommer fehlen unseren Anrufern die gewohnten Ansprechpartner für ihre Probleme und Ängste“, sagt Antonia Keßelring, Leiterin der Telefonseelsorge Wien. Viele Entlastungsangebote wie Psychotherapeuten, Ärzte oder Selbsthilfegruppen machen Sommerpause. Oft werde auf die Telefonseelsorge verwiesen, um diese Zeit zu überbrücken. „So haben wir jetzt eine Hoch-Zeit“, betont Keßelring.

Häufiges Thema am Telefon sei laut Keßelring die Einsamkeit. „Unsere Anrufer machen keinen Urlaub, sie haben oftmals kein Budget dafür. Ihr Umfeld wie Freunde und Nachbarn jedoch schon“, sagt die Seelsorge-Expertin. „Jene, die sich keinen Urlaub leisten können, fühlen sich zurückgeblieben und alleine. Und wenn man einsam ist, wachsen Sorgen und Ängste“, erklärt Keßelring. Außerdem führe die Hitze nicht nur zur körperlichen, sondern bei manchen Anrufern auch zur psychischen Erschöpfung. Darüber hinaus würden Beziehungsprobleme und Konflikte im Urlaub häufiger auftreten, weil Partner:innen bzw. Familienmitglieder für längere Zeit zusammen sind. „Der Urlaub ist eine Zäsur. Die Leute kommen aus dem Hamsterrad des Alltags heraus, verdrängte Probleme kommen ans Tageslicht“, so Keßelring.

Im Telefonat sei es Keßelring zufolge den Telefonseelsorgerinnen und -seelsorgern wichtig, einen „Wohlfühlraum“ zu eröffnen: „Wir hören aufmerksam zu und versuchen, uns in das Leben und die Sorgen der Anrufer einzufühlen. Wir bauen Kontakt auf, denn Kontakt hilft gegen Einsamkeit“, beschreibt Keßelring die Grundhaltung der Telefonseelsorge. Gemeinsam mit den Anruferinnen und Anrufern machen sich die Seelsorger:innen auf die Suche nach Entlastungsstrategien. Dies könne, wie Keßelring hervorhebt, eine kleine Freude im Alltag sein, kostenlose alternative Freizeitangebote oder Bewegungsaktivitäten, welche zur Entspannung beitragen. Bei besonders schwierigen Situationen und bei Bedarf weisen die Seelsorger:innen auf weiterführende professionelle Hilfsangebote hin.

Ehrenamtliche gesucht

Über 170 Seelsorgerinnen und Seelsorger arbeiten ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge Wien und sind mit einer fundierten Ausbildung speziell für den Dienst am Notruf-Telefon geschult. Die Telefonseelsorge Wien sucht Verstärkung durch neue Ehrenamtliche, die offen für Menschen und ihre Sorgen sind, ihnen zuhören und weiterhelfen wollen. Infos zu den Voraussetzungen der Mitarbeit und der Ausbildung: www.erzdioezese-wien.at/telefonseelsorge

Rund um die Uhr erreichbar

Die Telefonseelsorge, ein Angebot der Evangelischen und Katholischen Kirche in Österreich, ist österreichweit kostenlos unter der Notrufnummer 142 rund um die Uhr sowie per Mail- oder Chatberatung (16-23 Uhr) erreichbar.

Weitere Informationen unter www.telefonseelsorge.at sowie www.evang-wien.at/telefonseelsorge.

ISSN 2222-2464

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Telefonseelsorge

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