05.05.2024

Schmerzfrei

Maria Katharina Moser über Begleitung am Lebensende

In letzter Zeit haben ethische Fragen zum Lebensende wieder Schlagzeilen gemacht. (Foto: depositphotos/Stockasso)

Maria Katharina Moser über Begleitung am Lebensende

„Ich hab alles als sehr würdig empfunden“, sagt Renate über den Abschied von ihrem Mann Ernst. Sein letztes Zuhause war das Pflegeheim. Dort ist er auch gestorben. Umgeben von seiner Familie. Das war möglich, weil rechtzeitig ein so genannter Vorsorgedialog geführt wurde: Soll Ernst noch ins Krankenhaus kommen? Soll reanimiert werden? Welche lebensverlängernden Behandlungen sollen noch durchgeführt werden, welche nicht? „Wir konnten nicht ahnen, wie wichtig dieses Gespräch war“, erzählt Renate, „nur eineinhalb Wochen später hatte Ernst einen Lungeninfarkt“. Wie im Vorsorgedialog vereinbart, wurde er nicht mehr ins Krankenhaus gebracht, sondern in seinem letzten Zuhause palliativ versorgt: mit guter Pflege, psychologischer und spiritueller Begleitung und Schmerzbekämpfung.

Ethische Fragen am Lebensende haben in letzter Zeit wieder Schlagzeilen gemacht. Die Volksanwaltschaft hat die Ergebnisse einer Schwerpunktprüfung zu Schmerzmanagement und Palliativversorgung veröffentlicht. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass die Möglichkeit des assistierten Suizids in Alten- und Pflegeheimen oft nicht besteht. In der medialen Berichterstattung war dieser Punkt besonders prominent. Das verwundert mich. Denn erstens sagte Volksanwalt Achitz: „Der assistierte Suizid muss aber der allerletzte Ausweg sein“, und forderte flächendeckende Palliativversorgung. Zweitens sind die Ergebnisse der Prüfung umfassender. Besonders gibt mir zu denken: „80 Prozent der Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen leben, leiden an Schmerzen. Viele von ihnen halten das für normal in ihrem Alter. Sie sagen nichts, und es wird nichts gegen die Schmerzen unternommen.“

Dass die Schmerzversorgung so schlecht ist, macht Angst. Und trotzdem ist es wichtig, dieses Problem ins Bewusstsein zu rufen. Gerade, wenn wir wollen, dass der assistierte Suizid ein allerletzter Ausweg und nicht der normale Weg ist. Denn Schmerzen mindern die Lebenskraft, das weiß schon die Bibel: „Ich bin matt geworden und ganz zerschlagen; ich schreie vor Unruhe meines Herzens. Mein Herz erbebt, meine Kraft hat mich verlassen. Meine Lieben und Freunde scheuen zurück vor meiner Plage, und meine Nächsten halten sich fern.“ So heißt es in Psalm 38.

Was ermutigt: Die Volksanwaltschaft hat festgestellt, dass die Versorgung von Menschen in der Sterbephase gut ist. In beinahe allen Alten- und Pflegeheimen (94%) war es Ziel, dass die Bewohner in ihrer gewohnten Umgebung sterben können. Jetzt geht es darum, die Aufmerksamkeit auf die Zeit, bevor die Sterbephase beginnt, zu richten: auf Schmerzbekämpfung und auf die Verstärkung der Vorsorgedialoge.

ISSN 2222-2464

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Schlagworte

Tod | Palliativ | Moser

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