07.01.2024

Mit dem Blick der Liebe

Maria Katharina Moser über die „Jahreslosung 2024“

„Die Liebe sieht die dunklen Seiten. Aber sie erlaubt dem Dunkel nicht, die Farben zu verdecken“, schreibt Maria Katharina Moser. (Foto: Unsplash)

Maria Katharina Moser über die „Jahreslosung 2024“

„Es ist natürlich nicht immer leicht“, sagt Nina Panholzer über das Leben mit ihrer Tochter Katharina, „aber wir erleben so viel Schönes mit Kathi. Die Wertigkeiten verschieben sich einfach.“ Die 12-jährige Katharina hat eine Behinderung der Lautsprache. Um zu kommunizieren, benutzt sie einen Computer mit Sprachausgabe. Weil sie ihre Bewegungen nicht so gut kontrollieren und daher den Computer nicht mit den Händen bedienen kann, steuert sie das Gerät mit den Augen.

Ich habe Kathi und ihre Mutter Nina Anfang Dezember kennen gelernt. Ich denke an sie, wenn ich das biblische Motto für 2024, die sogenannte Jahreslosung, lese: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Das Gespräch mit Nina weist mir einen Weg zum Verständnis dieses Bibelverses aus dem ersten Brief des Apostel Paulus an die Korinther.

„Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“, ist die Einladung, eine bestimmte Perspektive einzunehmen: die Perspektive der Liebe. So wie Nina Panholzer. Wenn sie auf ihre Tochter Katharina schaut, dann sieht sie nicht die Behinderung. Nicht die Probleme, die der Alltag immer wieder mit sich bringt. Nicht die Anstrengung, die es bedeutet, für Chancen für ihre Tochter zu kämpfen – für die technischen Hilfsmittel für unterstützte Kommunikation und für Schulbildung. Wenn Nina auf ihre Tochter Kathi schaut, dann sieht sie ihr Kind. Dann sieht sie die Kraft und die Fähigkeiten ihres Kindes. Dann sieht sie, wie schön es ist, dieses Kind zu haben.

Die Liebe ist immer wichtig. Aber besonders wichtig ist sie, wenn wir uns in schwierigen Situationen wiederfinden. Als einzelne und als Gesellschaft. In Situationen, in denen es uns Angst und Bange werden kann. Weil das Leben eine andere Richtung nimmt. Weil sich etwas nicht so entwickelt wie erhofft oder geplant. Weil wir etwas nicht in der Hand und unter Kontrolle haben. Wenn wir nicht wissen, wie wir mit einem Problem zurande kommen sollen. Dann soll nicht die Furcht unsere Herzen regieren, sondern die Liebe.

Die Jahreslosung ruft uns dazu auf, den anderen, die Welt und auch uns selber nicht mit dem Blick der Furcht zu sehen, sondern mit dem Blick der Liebe. Die Liebe hilft uns, alles mit anderen Augen zu sehen. Das heißt nicht, unrealistisch zu sein. Die Liebe ist nicht unrealistisch. „Natürlich ist es nicht immer leicht“, sagt Nina Panholzer, „aber wir erleben so viel Schönes mit Kathi.“

Die Liebe sieht die Probleme. Aber sie erlaubt den Problemen nicht, die Hoffnung zu ersticken. Die Liebe sieht die dunklen Seiten. Aber sie erlaubt dem Dunkel nicht, die Farben zu verdecken. Ich wünsche Ihnen einen liebevoll-hoffnungsfrohen Blick auf das neue Jahr!

ISSN 2222-2464

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