11.05.2012

Körtner gegen „Verzwergung des reformatorischen Erbes“

Der Theologe äußert sich kritisch zu Plänen der Evangelischen Kirche in Deutschland, das Reformationsjubiläum gemeinsam mit der Römisch-katholischen Kirche zu feiern

Ein Denkmal in Hannover erinnert an Martin Luther. Mit seinen 95 Thesen begann 1517 die Reformation in Deutschland. Wie das 500-jährige Reformationsjubiläum begangen werden soll, ist noch unklar. (Foto: epdÖ/Uschmann)

Der Theologe äußert sich kritisch zu Plänen der Evangelischen Kirche in Deutschland, das Reformationsjubiläum gemeinsam mit der Römisch-katholischen Kirche zu feiern

Wien (epdÖ) – Wie sollen die Kirchen das Reformationsjubiläum 2017 begehen? Mit dieser Frage setzt sich der evangelische Theologe Ulrich H.J. Körtner (Universität Wien) in einem Gastkommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ (Ausgabe vom 10. Mai) auseinander.

Im Jahr 2017 jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers zum 500. Mal, er kann als Startschuss der Reformation bezeichnet werden. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) lädt die Römisch-katholische Kirche ein, dieses Fest gemeinsam zu begehen. Kardinal Kurt Koch, zuständig für Ökumenefragen im Vatikan, forderte kürzlich in Wien ein bußfertiges Reformationsgedächtnis und ein beidseitiges Schuldbekenntnis für die seit dem 16. Jahrhundert bestehende Kirchentrennung.

Diese Worte Kochs seien ebenso wie der Papstbesuch in Deutschland im vergangenen Jahr eine Ernüchterung für den ökumenischen Prozess, bilanziert Körtner in der „Presse“. „Man kann nur hoffen, dass sich die nun eintretende Enttäuschung auf die weiteren Vorbereitungen des Reformationsjubiläums heilsam auswirkt.“ Diese Enttäuschung diene aber der Ökumene, betont Körtner und bemängelt ökumenische Reformationsevents ohne theologische Substanz. „Der Verzwergung des reformatorischen Erbes – Stichwort Lutherzwerge – gilt es, theologisch Einhalt zu gebieten.“

Die Annäherung beider Kirchen in den vergangenen Jahrzehnten sei nicht ausreichend, um jetzt gemeinsam die Reformation zu feiern. Körtner fragt sich, welches Verständnis von Reformation und Martin Luther hinter solch einem Wunsch stecke. „Welche eigene Sicht auf die bleibende Radikalität Luthers und der Reformation hat eigentlich die Evangelische Kirche heute, wenn sie dem katholischen Partner solches im Ernst glaubt, nahelegen zu können?“

Die Aussage des Kardinals, wonach die Reformation unvollendet geblieben sei, da nicht die ganze Kirche im Geist des Evangeliums erneuert wurde, deutet Körtner als kleines Zugeständnis. „Dieser Satz lässt sich so verstehen, dass die Reformation nicht in Bausch und Bogen als Sünde verurteilt wird, sondern auch für die Römisch-katholische Kirche eine positive Bedeutung hat.“ So fordert Körtner in seinem Gastkommentar die Kirchen auf, den Blick auf die jeweils andere Kirche zu richten und nach Gemeinsamkeiten zu suchen sowie wahrzunehmen, was sich die Kirchen gegenseitig verdanken.

Der Gastkommentar in der Tageszeitung „Die Presse“ kann unter bit.ly/M30KyW nachgelesen werden.

ISSN 2222-2464

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