07.04.2010

Kirchen fordern bessere Verankerung der Seelsorge in der Schubhaft

Bünker: Seelsorge muss in geschütztem Bereich geschehen können - Scheuer: Wo Menschenrechte verletzt werden, müssen Kirchen sprechen - Caritas und Diakonie kritisieren Schubhaft-Bedingungen

Im Bild: Bischof Michael Bünker, Diözesanbischof Manfred Scheuer, Diakonie-Direktor Michael Chalupka und Caritas-Präsident Franz Küberl (von rechts)

Bünker: Seelsorge muss in geschütztem Bereich geschehen können – Scheuer: Wo Menschenrechte verletzt werden, müssen Kirchen sprechen – Caritas und Diakonie kritisieren Schubhaft-Bedingungen

Wien (epd Ö) – Die Kirchen in Österreich treten für eine bessere Verankerung der Seelsorge in den Schubhaftzentren ein. Dazu gehört etwa die seelsorgerliche Begleitung der Schubhäftlinge, die in einem geschützten Raum bei freier Zeiteinteilung geschehen soll, so die Forderung.

„Wir erwarten uns einen Vertrag mit der Republik Österreich, in dem die Rahmenbedingungen für die Seelsorge in der Schubhaft geklärt werden“, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker in einem Pressegespräch am 7. April in Wien vor Beginn einer Enquete, bei der Expertinnen und Experten über die Situation in der Schubhaft in Österreich diskutieren. Die Kirchen kämen hier nicht als Bittsteller, sondern hätten das verbriefte Recht, für Häftlinge Seelsorge anzubieten. „Wie das derzeit in der Schubhaft geschieht, ist das nicht länger hinnehmbar.“ Die Seelsorge müsse in eigenen geschützten Bereichen geschehen, die abgegrenzt seien, die Zeit für die Seelsorge müsse unabhängig sein von der Besuchszeit und es müsse auch möglich sein, Seelsorge zu leisten, wenn Menschen auf ihre Entlassung aus der Schubhaft zugehen.

„Seelsorge ist Dienst an der Befreiung und Dienst an der Hoffnung, auch gegen alle Hoffnung“, bekräftigte der römisch-katholische Bischof Manfred Scheuer. Insofern sei Seelsorge gerade keine Weltfremdheit, sondern habe den Menschen mit seiner Vergangenheit und seiner erhofften Zukunft im Blick. „Es ist nicht Aufgabe der Kirchen, in staatliche Rechtsfragen einzugreifen, aber wo Menschenrechte verletzt werden, da müssen die Kirchen sprechen“, so der Bischof.

Chalupka: System der Schubhaft grundsätzlich neu überdenken

„Menschen in Schubhaft brauchen eine seriöse Betreuung, das ist derzeit nicht der Fall“, betonte der Direktor der Diakonie, Michael Chalupka. Schubhäftlinge würden ihrer elementaren Grundrechte beraubt. „Diese Menschen brauchen Unterstützung, etliche von ihnen werden psychisch krank, viele verstehen gar nicht, dass sie in Schubhaft sind. Ich habe selten so viel Schmerz und Elend an einem Ort gesehen wie in der Schubhaft.“ Die Diakonie habe keine Möglichkeit mehr, ihre jahrelange Erfahrung für Menschen in Schubhaft einzubringen, weil die Republik Österreich die Verträge gekündigt habe. „Menschen in Schubhaft bekommen nun keinerlei Beratung mehr und erst recht keine Rechtsberatung.“ Es müsse das ganze System der Schubhaft grundsätzlich neu bedacht werden.

„Flucht ist kein Verbrechen, sondern der Hilferuf von Not leidenden Menschen“, sagte Caritas-Präsident Franz Küberl. Diese Menschen stünden vor den Trümmern ihres Lebens und ihrer Zukunft und seien nicht selten schwer traumatisiert. Die Bedingungen der Schubhaft seien „erheblich mieser“ als die der Strafhaft, „daher appelliere ich an die Bundesregierung, immer die gelinderen Mittel anzuwenden“. So sei es durchaus möglich, Asylwerber in Pensionen unterzubringen und ihnen eine wöchentliche Meldepflicht aufzuerlegen. Küberl: „Beratung und Schutz ist das beste Mittel dagegen, dass Menschen untertauchen.“

ISSN 2222-2464

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