21.06.2023

Jugendpfarrerin Növer: „Junge Menschen können Kirche gestalten“

Bei den Gemeindevertretungswahlen sollen mehr junge Menschen gewählt werden und wählen gehen

Es wäre schön, wenn die Kirche den jungen Menschen besonders gut zuhört, betonte Bettina Növer im Gespräch mit der „SAAT“. (Foto: epd/M. Uschmann)

Bei den Gemeindevertretungswahlen sollen mehr junge Menschen gewählt werden und wählen gehen

Wien (epdÖ) – Als Jugendpfarrerin für Österreich ist die gebürtige Rheinländerin Bettina Növer für die inhaltliche und theologische Ausrichtung der Evangelischen Jugend Österreich (EJÖ) zuständig. Bei den heurigen Gemeindevertretungswahlen sollen, unterstützt durch die EJÖ, mehr junge Menschen gewählt werden und wählen gehen, sagt Pfarrerin Növer im Gespräch mit der „SAAT“ (Juniausgabe).

Warum sollen junge Menschen wählen gehen?

Junge Menschen sollen zur Wahl gehen, damit sie mitentscheiden können und ihre Interessen in den kommenden sechs Jahren vertreten werden. Sie geben im Idealfall anderen jungen Menschen, die sich zur Wahl in die Gemeindevertretung aufstellen lassen, Vertrauen und Rückenwind.

Was machen junge Menschen anders in den Gemeindevertretungen?

Nur wenn junge Menschen in Entscheidungsträger:innenrollen kommen, haben sie die Möglichkeit, Kirche zu gestalten. Junge Menschen können Entscheidungen für junge Menschen treffen. Ich kann jungen Menschen zuhören – das ist ja auch mein Job als Jugendpfarrerin – aber in den Gemeinden können sie nur für sich selbst Weichen stellen. Sie müssen aus dem „operativen Geschäft“ – wie der Leitung eines Jugendkreises – heraus- und in die Entscheidungsträger:innenrollen hineinkommen, wo sie wirklich gestalten können. Das sind zum Beispiel Rollen als Gemeindevertreter, als Vertreterinnen in Presbyterien, Superintendentialversammlungen und Synoden. Das zieht sich von unten nach oben durch alle Gremien.

Wichtig für die Mitgestaltung der Kirche durch junge Menschen sei es, dass sie in Entscheidungsträger:innenrollen kommen, ist Bettina Növer überzeugt. (Foto: epd/M. Uschmann)

Engagieren sich noch zu wenige junge Menschen in den Pfarrgemeinden?

Wir haben nicht genug junge Menschen in den Gemeindevertretungen, obwohl es schon lange Kampagnen dafür gibt. Es gab 2004/05 eine Kampagne – „YoungEvang“ – in der es genau darum ging. Ich denke immer noch, dass wir diese Kampagnen brauchen, die diesjährige heißt daher „Stand up 4 Change – stell dich auf, lass dich wählen“. Es braucht junge Leute in den Gemeindevertretungen, weil nur sie die Lebensrealität von jungen Menschen in der Tiefe verstehen und wahrnehmen können. Junge Menschen müssen am längsten die Entscheidungen, die die Kirche trifft, tragen und ertragen. Sie verstehen Internet-Humor, sie wissen, wie man „ganz anders“ und für die heutige Zeit die Frohe Botschaft verkündet. Sie kennen die Themen, die junge Leute beschäftigen, und sie können auf deren Fragen antworten.

Welche Themen beschäftigen junge Menschen besonders?

Es gibt ja nicht „die Jugend“, so wie man auch nicht „die Senioren“ sagen kann. Viele junge Leute beschäftigen die Klimakrise und die Frage, was sie bedeutet und wie man darauf reagiert. Die jungen Leute schauen sehr aufmerksam, ob die Politik das hinbekommt. Dann ist Geschlechtergerechtigkeit ein großes Thema, und dass es auf dem Arbeitsmarkt fair zugeht. Es beschäftigen sie soziale Teilhabe und wie man den Platz im eigenen Leben findet. Man muss zudem als junger Mensch schon sehr früh zeigen, dass man leistungsbereit ist. Das ist auch ein Thema, das viele bewegt – und zwar schon ab 14 Jahren bis weit in ihre 20er.

Sollte die Evangelische Kirche den jungen Menschen mehr Gehör schenken?

Es ist wichtig, dass man den jüngeren Generationen Raum gibt. Es gibt weniger junge Menschen, aber sie müssen die Entscheidungen länger tragen – in der Kirche und in der Gesamtgesellschaft. Im Idealfall ist Kirche „ein bisschen paradiesischer“ als der Rest der Gesellschaft. Es wäre schön, wenn die Kirche den jungen Menschen besonders gut zuhört.

Wie kann die Jugendbeteiligung theologisch begründet werden?

Die Bibel erzählt von Hofpropheten, die das Ohr des Königs hatten, aber Gott hat sehr oft und immer wieder Quereinsteiger – wie Amos und Jeremia – berufen. Die Bibel erzählt auch, wie immer wieder Fürsorge für die ganz Alten und die ganz Jungen übernommen wird, für diejenigen, die am Rand der Gesellschaft stehen und in der Lebenswirklichkeit nicht gut repräsentiert sind. Warum sollen wir ihnen nicht auch mehr Raum geben? So könnten junge Menschen doch sogar zwei Stimmen haben bei den Gemeindevertretungswahlen.

Mehr Info: ejoe.at/wahlen23

Das Interview und vieles mehr lesen Sie in der aktuellen „SAAT“, die Sie um 34,50 Euro im Jahr hier abonnieren können.

ISSN 2222-2464

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