16.09.2009

Diakonie übt heftige Kritik an neuer Schubhaft-Regelung

Wien (epd Ö) – Heftige Kritik an der Regierung, die auf ihrer Klausur in Salzburg u.a. eine Ausweitung der Schubhaftmöglichkeiten beschlossen hat, übt die evangelische Diakonie. Jahrelang seien Verbesserungen der Bedingungen in der Schubhaft versprochen worden, unzählige Verbesserungsvorschläge des Menschenrechtsbeirats seien zugleich aber auf taube Ohren gestoßen, so Diakonie-Direktor Michael Chalupka am Dienstag in einer Presseaussendung. Der neue Regierungsbeschluss werde dazu führen, „noch mehr völlig unbescholtene Menschen in Bedingungen, die keinem verurteilten Verbrecher zugemutet würden, ins Gefängnis zu sperren, um dort ein Verwaltungsverfahren abzuwarten“.
Laut Regierungsbeschluss können künftig alle Personen in Schubhaft genommen werden, für deren Verfahren ein anderer Staat zuständig ist, es sei denn, subjektive Gründe sprächen dagegen. Dabei wird es laut Innenministerin Maria Fekter insgesamt wohl zu mehr Schubhaftfällen kommen, durch die beschleunigten Abschiebemöglichkeiten sollte es aber weniger Schubhafttage geben. Die neue Regelung wie auch weitere Bestimmungen zum Fremdenrecht sollen im Oktober im Nationalrat und im November im Bundesrat beschlossen werden. In Kraft treten werden die Neuregelungen dann mit Anfang 2010.

„Ich frage mich, was noch alles geschehen muss, dass die Abgeordneten der Regierungsparteien derartige Gesetze nicht einfach durchwinken“, so Chalupka unter Verweis auf den Tod des indischen Schubhäftlings Gaganpreet Singh K. am Montag. Chalupka: „Die Bundesregierung beschließt auf der Regierungsklausur ein Gesetz zur ‚Effizienzsteigerung‘ der Schubhaft, das vom ministeriumseigenen Beirat als verfassungswidrig und unverhältnismäßig bezeichnet wurde. Dass dieser Beschluss der Regierung ausgerechnet am Tag des Sterbens von Gaganpreet Singh K. gefasst wurde, mag ein schicksalhaftes Zusammentreffen gewesen sein, sollte aber die Verantwortlichen dazu führen, endlich ernsthaft die Verbesserung der Bedingungen in der Schubhaft anzugehen und die Vorschläge des Menschenrechtsbeirats ernstzunehmen.“ Der Diakonie-Direktor wies eindringlich auf die Stellungnahme des Menschenrechtsbeirats zur Schubhaftregelung hin, die als verfassungswidrig und „unverhältnismäßig“ bezeichnet wird, da sie eine Beweislastumkehr darstellt und keine Einzelfallprüfung vorsieht. Weiters betone der Menschenrechtsbeirat seit Jahren die problematische Doppelrolle der Amtsärzte, deren Rolle als Heilende und Haftprüfer für das gesundheitliche Wohl ihrer Patienten unvereinbar sei. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen, die zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung in der Schubhaft führen würden – wie eine Erhöhung der Sanitäterzahl oder die Hilfe von Krankenschwestern – würden aber seit Monaten vom Innenministerium ignoriert, kritisiert Chalupka.

ISSN 2222-2464

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