Das Land des Gehstocks
Michael Chalupka zur Überalterung der Gesellschaft
Michael Chalupka zur Überalterung der Gesellschaft
Japan kann sich glücklich schätzen. Derzeit leben an die 90.000 über Hundertjährige auf der Insel. Die Menschen werden immer älter. In Tokio scheint sich erfüllt zu haben, was der Prophet Sacharja in der Bibel als glückliche Zukunft beschreibt: „Es werden noch Greise und Greisinnen auf den Plätzen sitzen, den Gehstock in der Hand, weil hochbetagt. Und die Plätze der Stadt werden voll sein von Jungen und Mädchen, die auf ihren Plätzen spielen.“ Wobei sich nur der erste Teil erfüllt hat, Kinder werden zu wenige geboren. Japan überaltert. Der Nachwuchs fehlt und Zuwanderung gibt es kaum.
Deshalb haben die Äußerungen des jungen Yale-Professors Yusuke Narita in Japan großen Widerhall gefunden, obwohl sie eine schreckliche Vision zeichnen. Laut „New York Times“, meinte er in Anspielung auf das historische Seppuku-Freitodritual der Samurai: “Ich habe das Gefühl, dass die einzige Lösung ziemlich klar ist. Ist es am Ende nicht ´Massensuizid´ älterer Menschen?”
Noch erschreckender als seine Äußerungen, die er inzwischen als Metapher verstanden wissen will, ist es, dass er in Japan inzwischen in Talkshows eingeladen wird und zahlreiche Anhänger hat. Über die Alternativen zur Überalterung einer Gesellschaft, die Steigerung der Geburtenrate durch eine familienfreundliche Arbeitskultur und geregelte Zuwanderung, wird hingegen wenig gesprochen. Sowohl in Japan als auch hierzulande.
ISSN 2222-2464