16.02.2017

„Brennen für den Glauben“

Reformationsjubiläum: Ausstellung im Wien Museum eröffnet

Kirchenhistoriker Rudolf Leeb vor einem Bild, das das "Auslaufen" der Wiener zu den evangelischen Gottesdiensten außerhalb der Stadtmauern zeigt. Im Hintergrund Ministerialrat Karl Schwarz. Foto: epd/Uschmann

Reformationsjubiläum: Ausstellung im Wien Museum eröffnet

Wien (epdÖ) – Anlässlich des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation widmet sich das Wien Museum in seiner neuen Ausstellung einem „relativ unbekannten Kapitel der Wiener Stadtgeschichte“, wie Kurator Rudolf Leeb bei der Eröffnung am Mittwochabend, 15. Februar, betonte. Die Ausstellung mit dem Titel „Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“ erinnert daran, dass Wien zur Zeit der Reformation für mehr als ein halbes Jahrhundert eine mehrheitlich protestantische Stadt war.

„Es ist ein schöner Tag, wenn ein Jude in einer katholischen Stadt eine Ausstellung zum Protestantismus eröffnen kann“, meinte der Direktor des Wien Museums, Matti Bunzl. Bischof Michael Bünker sprach von einem „besonderen Meilenstein“ im Jahr des Reformationsjubiläums, die Ausstellung biete nicht nur einzigartige Exponate, sondern zeige auch, dass die Reformation in Wien eine europäische Dimension erlangte.

Die Highlights der Ausstellung, „um die uns andere Ausstellungsorte beneiden“, so Leeb, sind etwa einer der wenigen erhaltenen Erstdrucke der Thesen Luthers, das Augsburger Bekenntnis von 1530 in seiner ältesten Abschrift in deutscher Sprache sowie das Originaldokument des Augsburger Religionsfriedens von 1555 mit der Unterschrift Ferdinands I. Alle drei Dokumente stammen aus dem österreichischen Staatsarchiv und sind erstmals gemeinsam in einer Ausstellung zu sehen. Gezeigt wird auch ein Brief Luthers an den Wiener Humanisten Cuspinian, dem Luther 1521 vom Reichstag in Worms schrieb.

Tatsächlich ist Wien im kollektiven Gedächtnis nicht unbedingt als evangelische Hochburg bekannt. Doch bereits kurz nach der Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers im Jahr 1517 brannten die Wiener für die Reformation – im doppelten Sinne, war Wien doch Residenz katholischer Kaiser und Landesherren und – weniger bekannt – Zentrum des protestantisch dominierten niederösterreichischen Adels. Bis zu 70 Prozent der damaligen Bevölkerung haben sich dem evangelischen Glauben angeschlossen, was von den regierenden Habsburgern teils rigoros bekämpft wurde. Diese religiöse wie politische Spannung beleuchtet die Schau mittels zahlreicher Originaldokumente.

Der Kern der Schau, der sich in verwinkelten Gassen dem Wien von damals optisch annähert, bietet Besucherinnen und Besuchern eine Reise durch zwei Jahrhunderte Stadtgeschichte: Das Wiener Neustädter Blutgericht von 1522, in dem u.a. der Wiener Bürgermeister Martin Siebenbürger hingerichtet wurde, die Verfolgung und Ermordung von Täufern sowie das „Auslaufen“ der Wiener Bürger in die umliegenden Gemeinden – innerhalb der Stadtmauern waren evangelische Gottesdienste verboten – werden anhand zahlreicher Objekte wie Flugschriften, Kupferstiche und Bücher dokumentiert. Parallel dazu stellt man historische Einflüsse wie das Vordringen der Osmanen zur selben Zeit in den Kontext. Auch der folgenden Gegenreformation und barocken Frömmigkeit wird Raum gegeben.

Zur Ausstellung, die der Kirchenhistoriker Rudolf Leeb gemeinsam mit Karl Vocelka und Walter Öhlinger kuratierte, ist im Residenz-Verlag ein 420-seitiger Katalog erschienen. „Dieser Katalog wird ein Standardwerk werden“, zeigte sich Leeb bei der Eröffnung überzeugt.

(Service: „Brennen für den Glauben. Wien nach Luther“ im Wien Museum. 16. Februar bis 14. Mai, Dienstag bis Sonntag und Feiertag, 10 bis 18 Uhr. Katalog: „Brennen für den Glauben“, Residenz-Verlag, 420 Seiten, 29 Euro. Infos unter www.wienmuseum.at )

ISSN 2222-2464

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