07.10.2014

Bosnien und Herzegowina: Wirtschaftliche Lage schwierig

Oikocredit: Menschen vor Ort auf Kleinstkredite angewiesen

Nejira Nalić, Direktorin von MI-BOSPO, und Admira Spahić (v.l.) berichteten bei einem Pressegespräch in Wien über die schwierige wirtschaftliche Lage in Bosnien und Herzegowina. (Foto: Oikocredit)

Oikocredit: Menschen vor Ort auf Kleinstkredite angewiesen

Wien (epdÖ) – In Bosnien und Herzegowina finden am 12. Oktober gleich mehrere Wahlen statt, darunter auch Parlamentswahlen. 73 Parteien kandidieren in dem südosteuropäischen Land, das unter schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen leidet. Rund 28 Prozent der 3,8 Millionen Einwohner sind offiziell arbeitslos, nach inoffiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei rund 40 Prozent. Das Durchschnittseinkommen ist im Fallen begriffen, immer noch gibt es Diskriminierung aufgrund von Ethnie und Geschlecht, das Hochwasser im vergangenen Sommer hat massive Schäden angerichtet.

Angesichts der ungünstigen Lage versuchen verschiedene Hilfsorganisationen, zur Besserung der Lage beizutragen. Auch „Oikocredit“, eine internationale Genossenschaft, die Kleinstkredite vergibt, engagiert sich gemeinsam mit Partnern in dem südosteuropäischen Land. Am 7. Oktober lud „Oikocredit Österreich“ zu einem Pressegespräch nach Wien. Aus Bosnien und Herzegowina sind dazu Nejira Nalić, Vertreterin des bosnisch-herzegowinischen multiethischen Mikrofinanzinstituts MI-BOSPO, und Admira Spahić, eine Klientin aus der Nähe von Tuzla, gekommen.

„Wir haben uns auf die Unterstützung von Frauen fokussiert, das ist erfolgreicher“, erklärt Nejira Nalić. Derzeit habe MI-BOSPO rund 18.000 Kreditnehmende, das Kreditportfolio betrage 18 Millionen Euro, die Durchschnittshöhe eines Kredites liege bei 1.150 Euro. Das Geld werde einerseits verwendet, um wirtschaftliche Unternehmungen zu ermöglichen, andererseits aber auch in notwendige Renovierungsarbeiten oder in die Ausbildung der Kinder gesteckt. Nalić, die immer wieder auch als Gastrednerin auf internationalen Konferenzen zu hören ist, betont, dass die Menschen das Geld dringend brauchten. Ihrer NGO ginge es beim Verleihen des Geldes aber nicht um den Profit, sondern darum, Menschen zu unterstützen, damit diese sich eine Existenz aufbauen können. Dabei ist sie besonders in ländlichen Regionen aktiv, die Mitarbeiter von MI-BOSPO würden, im Gegensatz zu den Banken, die Menschen auch direkt vor Ort besuchen und ihnen Unterstützung anbieten.

„Ich arbeite daran, die wirtschaftliche Kraft von Frauen zu erhöhen“, sagt Nalić. Noch immer gebe es Diskriminierung von Frauen und keine Chancengleichheit. Jedoch könne sie einen Trend in Richtung Veränderung feststellen: „Mehr und mehr Frauen kommen hervor und setzen sich für soziale Belange ein, besonders im Bereich Gesundheit und Ausbildung, aber viele leiden noch immer unter dem Mangel an Möglichkeiten.“

Auch wenn MI-BOSPO eine NGO und dafür da ist, um Menschen zu unterstützen, gibt es bei der Kreditvergabe doch auch Richtlinien und Regelungen. So ist eine Kreditvergabe nur dann möglich, wenn auch die Rückzahlung wahrscheinlich ist. „Wir haben sehr lange Beziehungen mit unseren Kunden, deswegen ist das gegenseitige Vertrauen so wichtig“, erläutert Nalić. Eine dieser KlientInnen, die schon länger durch Mikrokredite unterstützt wird, ist Admira Spahić. Die Unternehmerin begann mit einem Marktstand, an dem sie Kleidung verkaufte. Mit Hilfe von MI-BOSPO habe sie sich heute als Textilunternehmerin etablieren können. „Es war ein schwieriger Weg. Man muss immer expandieren und wachsen, um zu bestehen, da die Konkurrenz von Jahr zu Jahr größer wird.“ Schon seit vielen Jahren bezieht Spahić Kredite von der NGO, die sie auch immer wieder zeitgerecht zurückzahlt.

„Wir wollen verhindern, dass Bosnien und Herzegowina dasselbe Schicksal ereilt wie Moldawien, wo es vor ein paar Jahren zu einem regelrechten Braindrain kam, weil die gut qualifizierten jungen Menschen scharenweise das Land verließen“, sagt Günter Lenhart, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von „Oikocredit Österreich“. Den Menschen in Bosnien und Herzegowina solle die Möglichkeit gegeben werden, in ihrem Land bleiben zu können.

ISSN 2222-2464

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