03.04.2014

Bischof Bünker: „Auf die letzte Reise nehmen wir nichts mit“

Religionsvertreter sprachen über Vergänglichkeit des Menschen

Bischof Michael Bünker, Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg, Christian Hubert Ehalt und Carla Amina Baghajati (v.l.) bei einem Podiumsgespräch zum Thema "letzte Reise". (Foto: Barbara Lang)

Religionsvertreter sprachen über Vergänglichkeit des Menschen

Wien (epdÖ) – Sterben und Tod würden immer mehr aus der Gesellschaft verdrängt, Religionen könnten aber einen wichtigen Beitrag leisten, Menschen zur Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit zu ermutigen – dies war der Grundtenor einer Podiumsdiskussion anlässlich der Ausstellung „Ein Koffer für die letzte Reise. Einmal Jenseits und zurück“ am 2. April im Wiener MuseumsQuartier.

„Die Aufgabe der Religionen ist es, den Menschen zuzumuten, mit der eigenen Sterblichkeit leben zu lernen“, erklärte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker. Menschen würden zwar einerseits den Tod anderer Menschen erleben, gleichzeitig könne sich aber keiner seinen eigenen Tod vorstellen. Dabei sei es wichtig, sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen, stelle der eigene Tod den Menschen doch vor existenzielle Fragen: „Was ist unaufgelöst in meinem Leben? In welchen Verstrickungen stecke ich? Was kann ich loslassen?“ Was uns derzeit in Bezug auf Sterben am meisten fehle, sei einerseits die Begleitung Sterbender, andererseits die Begleitung derer, die Sterbende begleiten. Gerade für Hinterbliebene können Rituale wichtig sein, weil sie Halt geben. „Der Leichenschmaus wird oft als unpassend und pietätlos bezeichnet, weil Angehörige nach der Beerdigung zusammensitzen und sich Anekdoten über den Verstorbenen erzählen. Ich glaube aber, dass er eine heilende und tröstende Funktion hat. Er ist für die Hinterbliebenen die Versicherung, dass die Gemeinschaft nicht auseinanderfällt, dass die Verbundenheit mit dem Verstorbenen durch den Tod nicht vorbei ist.“

Obwohl Bischof Bünker einen Koffer für die Ausstellung „Die letzte Reise“ gepackt hat, zeigt er sich überzeugt: „Wir nehmen gar nichts mit, auch keine guten Taten. Wir können uns der Gnade Gottes überlassen, da sind unsere Taten dann nicht mehr so wichtig.“

Johann Pock, Professor an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, erinnerte an die christliche Vorstellung, wonach das Leben ein Weg ist, der auf das Sterben und den Tod vorbereiten soll. „Wie man sich auf eine Reise vorbereitet, so soll man sich auch auf den Tod vorbereiten und sein Leben so leben, dass man jederzeit sterben könnte.“ Im Christentum gebe es unterschiedliche Auffassungen, was den Tod betrifft, aber auch die Gerichtsmetapher könne positiv verstanden werden. „Das Jüngste Gericht ist eine tröstliche Vorstellung. Ich muss hier auf Erden nicht satt werden, ich muss hier nicht alles ausgekostet haben. Beim Jüngsten Gericht geht es auch um Gerechtigkeit und um Rechtgerücktwerden“, so Pock.

„Das, was wir hier auf dieser Welt als Güter sehen, hat drüben keinen Wert“, sagte Oberrabiner Paul Chaim Eisenberg. Laut einem jüdischen Sprichwort habe das letzte Gewand, das Totengewand, das Arme und Reiche tragen, keine Taschen. Mit dem Übergang vom Leben zum Tod sei viel Furcht und Aberglaube verbunden. „In der jüdischen Tradition ist es jedenfalls sehr wichtig, dass niemand alleine stirbt. Und auch die Hinterbliebenen werden nicht alleingelassen. Man trauert sieben Tage, in dieser Zeit bekommt man viel Besuch von Freunden und Verwandten, bis man langsam wieder ins normale Leben zurückkehren kann“, berichtete Eisenberg.

Für Musliminnen und Muslime sei der Glaube an ein Leben nach dem Tod ganz zentral, so Carla Amina Baghajati von der Islamischen Glaubensgemeinschaft. „Wir glauben an ein Danach, das gibt uns auch in der Trauerarbeit große Hoffnung.“ Im Islam gebe es jedenfalls viele Vorstellungen darüber, wie das Leben danach aussehe, auch wenn es sich dabei natürlich nur um Metaphern handle.

Gerhard Weißgrab von der Österreichischen Buddhistischen Religionsgemeinschaft betonte, dass alles dem Wandel unterworfen sei und für Buddhisten Geborenwerden und Sterben ein ewiger Kreislauf sei, bis eines Tages die Erfüllung im Nirwana stattfinde. Die Vorstellung eines Nirwanas gebe es hingegen im Hinduismus nicht. Als welcher Mensch man wiedergeboren werde, hänge vom Karma, also etwa von den guten Taten im vorherigen Leben ab, erläuterte Nilesh Nathwani von der Hinduistischen Religionsgemeinschaft Österreich.

ISSN 2222-2464

Diesen Beitrag teilen

Newsletter abonnieren

Der Newsletter von evang.at mit den wichtigsten Nachrichten des Evangelischen Pressedienstes (epd) ist kostenlos und erscheint in der Regel einmal pro Woche am Mittwoch.