21.10.2023

Besser schweigen?

Michael Chalupka über das Benennen von Antisemitismus

Das Judentum sieht sich derzeit mit Antisemitismus konfrontiert. Im Bild die Synagoge in Wien. (Foto: epd/Uschmann)

Michael Chalupka über das Benennen von Antisemitismus

„Wollte Gott, dass ihr geschwiegen hättet, so wäret ihr weise geblieben.“ Das ruft Hiob laut Bibel seinen geschwätzigen Freunden zu. Dieser Tage müssen sich das viele sagen lassen, nicht nur der bekannte und berüchtigte deutsche Populärphilosoph Richard David Precht, der in einem Gespräch antisemitische Stereotypen von sich gegeben hat, vor denen ihn schon ein klein wenig Aufmerksamkeit im Geschichts- oder Religionsunterricht bewahren hätte können, sondern auch renommierte Medien wie die New York Times, die allzu schnell und unüberprüft Propaganda der Terrororganisation Hamas über den vermeintlichen Raketenangriff Israels auf ein anglikanisches Spital in Gaza-City in die Welt geblasen haben.

Doch macht das Schweigen allein den Weisen? Und kommt nicht einfach aus einem heraus, was in einem drinnen ist? Das Gift des Antisemitismus steckt tief in den Köpfen. Vor 25 Jahren hat die Evangelische Kirche in Österreich das Dokument „Zeit zur Umkehr“ beschlossen. Damit wollte die Kirche auch ihre Mitverantwortung für das Entstehen des Antisemitismus bekennen. So wurden auch die antisemitischen Schriften Martin Luthers verworfen. Vor allem aber sollte deutlich werden, dass es mit einer einmaligen Verurteilung des Antisemitismus nicht getan ist. Dort, wo er seine Fratze zeigt, muss das auch benannt werden. Schweigen alleine hilft nicht und macht auch noch keinen Philosophen.

ISSN 2222-2464

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