24.10.2011

Stotter: Wollen offensiv Vergangenheit aufarbeiten

Evangelische Stiftung De La Tour mit Missbrauchsfall aus den 60er Jahren konfrontiert

"Schuldig geworden an uns anvertrauten Menschen": Hubert Stotter, Rektor der Diakonie de La Tour, angesichts der Missbrauchsvorwürfe

Evangelische Stiftung De La Tour mit Missbrauchsfall aus den 60er Jahren konfrontiert

Leibnitz/Villach (epdÖ) – „Sehr betroffen, aber schon längere Zeit darauf vorbereitet“ zeigt sich der Rektor der Diakonie de La Tour, Hubert Stotter, angesichts der Missbrauchsvorwürfe, die ein ehemaliger Zögling in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ erhoben hat. In den 60er Jahren, so der heute 60-Jährige, sei es zu sexuellen Übergriffen durch einen Erzieher des Kinderheimes Herrnhilf in Treffen bei Villach gekommen, ebenso sei er vom inzwischen verstorbenen Kinderpsychiater Franz Wurst jahrelang sexuell missbraucht worden.

„Wir wollen offensiv und proaktiv unsere Geschichte aufarbeiten“, sagt Rektor Stotter im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst am Rande der im Schloss Seggau bei Leibnitz tagenden evangelisch-lutherischen Synode. Bereits im Sommer habe er mit dem Opfer gesprochen, zwei weitere Personen hätten sich seit den Medienberichten vom Wochenende gemeldet. Die Diakonie Kärnten arbeite hier intensiv mit der Opferschutzorganisation „Weißer Ring“ zusammen, sollte es weitere Opfer geben, bittet Stotter die Betroffenen, sich zu melden (ureeauvys@qvnxbavr-qryngbhe.ng). Alle Mails würden vertraulich behandelt.

„Als Diakonie und christliche Organisation müssen wir uns eingestehen, dass wir an uns anvertrauten Menschen schuldig geworden sind, und müssen uns auch dazu bekennen, auch wenn es viele Jahrzehnte zurückliegen mag“, so Stotter weiter. Das Schuldeingeständnis sei wesentlich für eine positive weitere Entwicklung. Wichtig sei nicht nur der Blick auf die Vergangenheit: „Wir achten darauf, dass gegenwärtig in unseren Häusern alles getan wird, um derartige Missstände zu vermeiden.“ Die Auseinandersetzung mit dem Thema sexueller Missbrauch sei fester Bestandteil der Begleitung von Kindern und Jugendlichen, „die sich uns anvertrauen und die Missbrauch etwa im Familienkreis erlebt haben“. Was jetzt zutage trete, werfe auch ein Licht „auf das, was heute in unserer Gesellschaft stattfindet und noch immer ein Tabuthema ist“. Stotter: „Es ist zu wenig, mit dem Finger auf die Vergangenheit zu zeigen und die Gegenwart nicht wahrzunehmen.“

ISSN 2222-2464

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