09.05.2016

Religionen rufen zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf

Viertes „Fest der Freude“ auf dem Wiener Heldenplatz

(Foto: A. Wenzel)

Viertes „Fest der Freude“ auf dem Wiener Heldenplatz

Wien (epdÖ) – Die Bedeutung des interreligiösen Dialogs für den Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt haben Vertreter der Religionen beim „Fest der Freude“ am Sonntag, 8. Mai, auf dem Wiener Heldenplatz hervorgehoben. Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, der römisch-katholische Militärbischof Werner Freistetter, Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg und der Imam der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ramazan Demir, erteilten dabei jeder Form von Intoleranz eine deutliche Absage. Das „Fest der Freude“ – im Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus – fand heuer zum vierten Mal statt und stand unter dem Motto „Solidarität“.

Bischof Michael Bünker sprach sich unter Verweis auf Papst Franziskus für einen gemeinsamen Einsatz der Religionen für eine „Kultur des Dialogs“ aus. Die Kirchen hätten die Verpflichtung, sich für die Entwicklung der Demokratie einzusetzen, sagte der Bischof. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die jüngste Erklärung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, in der dieser dazu aufgerufen hat, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Bischof Werner Freistetter begrüßte u.a. die jüngst erfolgte Einführung der muslimischen Militärseelsorge und unterstrich die gute Kooperation zwischen Seelsorgern verschiedener Kirchen und Religionen im Bundesheer. Der Militärbischof ist seit kurzem in der Österreichischen Bischofskonferenz für Fragen des interreligiösen Dialogs zuständig.
Oberrabbiner Paul Chaim Eisenberg sprach hinsichtlich der bevorstehenden Bundespräsidentenwahl von „entscheidenden Tagen für Österreich“. Das Land brauche Politiker, die den 8. Mai als Tag der Freude „kennen und anerkennen“. Der 8. Mai 1945 habe Österreich die Freiheit gebracht, so der Oberrabbiner.

Am 8. Mai jährte sich heuer zum 71. Mal die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Das Datum markiert das Ende des NS-Regimes, bereits am 5. Mai 1945 befreiten alliierte Truppen das Konzentrationslager im oberösterreichischen Mauthausen. Solidarität sei, wenn man das letzte Stückchen Brot mit den Kameraden teile, erklärte der KZ-Überlebende Daniel Chanoch in seiner Ansprache. Er habe Angst, dass die Welt zurückkehre in die Vergangenheit – man müsse die Demokratie beschützen.

Die Vertreter der Politik und der Zivilgesellschaft riefen beim „Fest der Freude“ angesichts des steigenden Rechtsextremismus dazu auf, wachsam zu sein. Auch der Präsidentschafts-Wahlkampf wurde nicht ausgespart. So kritisierte Mauthausen-Komitee-Vorsitzender Willi Mernyi abermals den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer, der bei einem TV-Auftritt zum 8. Mai erklärt hatte, es sei kein Tag der Freude, wenn Menschen in einem Krieg sterben. „Für uns ist der 8. Mai ein Tag der Freude, weil das Sterben beendet wurde“, entgegnete Mernyi, „weil das Morden beendet wurde“, weil der Nationalsozialismus ein Ende gefunden habe. In der ersten Reihe der Festgäste lauschte Hofers Konkurrent Alexander Van der Bellen den Worten.

Inzwischen hatte Hofer in einem Interview mit der „Kleinen Zeitung“ klargestellt, „dass der Weltkrieg aus ist und Österreich von der Nazidiktatur befreit wurde, ist natürlich ein Tag der Freude. Krieg selbst ist nie ein Grund zur Freude, weil es bei jedem Krieg unzählige Opfer gibt. Das Ende des Kriegs ist natürlich ein Tag, den man positiv begeht.“

Im Zentrum der Gedenkveranstaltung stand am Abend das Gratiskonzert der Wiener Symphoniker. Unter der Leitung von Christoph von Dohnányi wurden Beethovens 3. Symphonie „Eroica“ und Arnold Schönbergs Melodram „Ein Überlebender aus Warschau“ mit Star-Bariton Thomas Hampson als Erzähler aufgeführt.

ISSN 2222-2464

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