18.01.2005

Nausner: Braune Flecken noch nicht gebannt

„Christen müssen die Wahrheit suchen und hören wollen“ - Ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums

„Christen müssen die Wahrheit suchen und hören wollen“ – Ökumenischer Gottesdienst zum Tag des Judentums

Wien (epd Ö) – „Herr, unser Gott, wir bekennen vor dir, dass wir uns als Kirchen und auch als einzelne Christinnen und Christen schuldig gemacht haben an deinem Volk Israel. Mit tiefem Schmerz sehen wir die Spur von Blut und Tränen, an namenlosem Leid und Tod durch die Jahrhunderte, die Christen verursacht haben.“ Diese Worte eines gemeinsam gesprochenen Schuldbekenntnisses standen am Beginn eines Gottesdienstes des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zum Tag des Judentums am 17. Jänner in der Augustinerkirche in Wien.

In seiner Predigt erklärte Superintendent i.R. Prof. Helmut Nausner von der Evangelisch-methodistischen Kirche vor den zahlreichen Gottesdienstbesuchern im Blick auf das Gedenkjahr in Österreich: „Wenn es uns nicht um die Wahrheit geht, kann das ganze Gedenken ein großer Selbstbetrug werden.“ Die „braunen Flecken“ in Österreich seien noch nicht aufgedeckt und gebannt. Christen müssten die Wahrheit suchen und auch hören wollen. Zu würdigen sei in diesem Zusammenhang die Einsetzung einer Historikerkommission durch den Bund Sozialistischer Akademiker.

Das Gedenken darf nie aufhören

Nausner, der auch Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist, betonte, das Gedenken und Sich-Erinnern dürfe nie aufhören: „Sich erinnern wollen eröffnet neue Lebensperspektiven.“ Die vielfach erhobene Forderung nach einem „Schlussstrich unter die Vergangenheit“ kritisierte Nausner als „Verweigerung, die dem Tod Raum gewährt“. Der emeritierte Superintendent verwies auf das Mahnmal auf dem Wiener Judenplatz und verlas die 42 Namen der auf dem Mahnmal genannten nationalsozialistischen Vernichtungslager.

Der Gottesdienst wurde gestaltet von Metropolit Dr. Michael Staikos von der Griechisch-orthodoxen Kirche, Bischof Bernhard Heitz von der Altkatholischen Kirche sowie von der Vorsitzenden des ÖRKÖ, Oberin Prof. Christine Gleixner, von Pfarrer P. Albin Scheuch und Dr. Ingeborg Düringer von der Pfarre St. Augustin, Pfarrer Mag. Werner Geißelbrecht von der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Innere Stadt und von em. Univ. Prof. Dr. Alfred Raddatz, Altpräsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Auch Bischof Mag. Herwig Sturm und Weihbischof Dr. Helmut Krätzl nahmen an dem Gottesdienst teil.

ISSN 2222-2464

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