06.04.2023

Moser: „Arbeitskräftemangel bedroht unseren Wohlstand“

Diakonie fordert Ukrainer*innen-Gesetz und inklusiven Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen

Andrea Schrempf, Maria Katharina Moser, Yuliya Leschouk, Katerina Denisova und Masooma Noori beim Pressegespräch der Diakonie (v.l.n.r.). (Foto: epd/Link)

Diakonie fordert Ukrainer*innen-Gesetz und inklusiven Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen

Wien (epdÖ) – Trotz fehlender Arbeitskräfte schlummert laut der Diakonie in Österreich ein „großes Arbeitskräftepotenzial, das erst gehoben“ werden müsse. Unter dem Titel „Menschen wollen arbeiten, machen wir es ihnen nicht so schwer“ lud die Diakonie ins Albert Schweitzer Haus in Wien-Alsergrund zu ihrem traditionellen Pressegespräch am Gründonnerstag.

2022 sei die Zahl der offenen Arbeitsstellen so hoch gewesen „wie nie zuvor“. So seien im Vorjahr durchschnittlich 206.500 Arbeitsplätze in Österreich unbesetzt gewesen. „Die Folgen des Arbeitskräftemangels sind schwerwiegend: Ohne Menschen, die Lebensmittel produzieren, Kinder unterrichten oder Elektrochips herstellen, schrumpft unsere Wirtschaft. Der Arbeitskräftemangel wird zu einer Bedrohung unseres Wohlstands“, warnte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.

Dabei hob Moser die wichtigsten Forderungen der Diakonie hervor: Zum einen soll ein Ukrainer*innen-Gesetz – ähnlich wie das Bosnier-Gesetz 1997 – und eine Integrationsoffensive für Ukrainer*innen einen sicheren Aufenthaltsstatus sowie eine Existenzsicherung als die nötigen Integrationsvoraussetzungen sicherstellen. Derzeit befänden sich Ukraine-Vertriebene allerdings noch immer in der “Grundversorgung” mit unter 500 Euro im Monat für eine erwachsene Person. „Davon kann niemand leben“, sagte Moser. Das Grundversorgungssystem sei der „große Hemmschuh für eine Arbeitsmarktintegration der Ukraine-Vertriebenen“.

Zum anderen soll ein inklusiver Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit schaffen, durch eine Beschäftigung mit Sozialversicherung eigenes Geld zu verdienen und die Arbeit frei wählen zu können. „Von diesem Ziel ist Österreich weit entfernt“, betonte die Diakonie-Direktorin.

Die Umsetzung der Forderungen wäre Moser zufolge „eine große Chance für Österreich“. Doch stattdessen werde von „Einwanderung in den Sozialstaat und Bedrohung unseres Wohlstands“ gesprochen. „Das ist ein Vorurteil und eine ideologische Verblendung“, hielt Moser fest.

An dem Pressegespräch nahmen auch vier Frauen teil, die ihre Fähigkeiten und Kenntnisse in Österreich noch immer nicht bzw. in einem Fall erst seit drei Wochen voll zum Einsatz bringen können. Die ukrainische Ökonomin Yuliya Leschouk etwa lebt seit einem Jahr mit einem Vertriebenenstatus in Österreich. Sie schilderte die aktuellen Herausforderungen der Jobsuche in der „Grundversorgung“. Andrea Schrempf, die mit einer Behinderung in der Steiermark lebt, berichtete darüber, wie sie an die Grenzen eines für Menschen mit Behinderung sehr reglementierten Arbeitsmarktes stoße. Derzeit arbeitet Schrempf in einem Projekt im Bereich Arbeit und Assistenz der Diakonie.

Diese Beispiele zeigten, dass Österreich aktuell in keiner „Win-Win“-Situation, sondern in einer „Lose-Lose“-Situation sei, wie Moser erklärte. „Hören wir auf, Menschen gegeneinander auszuspielen. Was nottut, ist ein Miteinander in diesem Land“, bekräftigte die Diakonie-Direktorin.

ISSN 2222-2464

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