23.09.2013

Medizinethik-Institut feierte 20-jähriges Bestehen

Körtner: Leisten wichtige Arbeit in Forschung, Lehre und Beratung

Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal wie KrankenpflegerInnen müssen immer öfter Entscheidungen treffen, die einer genauen ethischen Reflexion bedürfen. Das 1993 gegründete Institut für Ethik und Recht in der Medizin bietet Forschung, Lehre und Beratung zu medizinethischen Themen an. (Foto: wikimedia/U.S. Navy photo by Photographer's Mate 1st Class Shane T. McCoy)

Körtner: Leisten wichtige Arbeit in Forschung, Lehre und Beratung

Wien (epdÖ) – Sein 20-jähriges Bestehen feierte das Institut für Ethik und Recht in der Medizin (IERM) an der Universität Wien am 20. September mit einem Festakt, zu dem zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland begrüßt werden konnten. „Das Institut hat sich ganz gut gemausert und seinen Weg gemacht“, zieht Ulrich Körtner, Vorstand des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin, Bilanz. Als einzigartige Einrichtung in ganz Österreich leiste diese interdisziplinäre Forschungsplattform wichtige Arbeit.

Das Institut, 1993 vom katholischen Moraltheologen Günter Virt gegründet, habe eine bewegte Geschichte hinter sich, berichtete Körtner. Interkulturelle Ethik, Themen wie Patientensicherheit und Fragen der Pflegeethik seien einige Schwerpunkte der Arbeit. Konkret gehe es darum, Medizinethik, Pflegeethik und Medizinrecht interdisziplinär und integrativ in Forschung, Lehre und Beratung zu vertreten.

„Das Institut leistet eine wichtige Arbeit und übernimmt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, deren Bedeutung noch zunehmen wird“, betonte Christian Danz, Dekan der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Wien in seinem Grußwort. Angesichts zunehmender Komplexität in den Bereichen Medizin und Pflege bedarf es der ethischen Reflexion. Er lobte die Zusammenarbeit zwischen der Fakultät und dem Institut. Ethik sei speziell geeignet, existenzielle Themen anzugehen, zeigte sich Sigrid Müller, Dekanin der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, überzeugt. „Dafür ist aber die interdisziplinäre Zusammenarbeit unerlässlich. Im Mittelpunkt muss dabei immer der Mensch stehen.“ Müller erinnerte daran, dass das Institut für Ethik und Recht in der Medizin aus der Mitte der Katholisch-Theologischen Fakultät entstanden sei, insofern liege ihr die Arbeit des Instituts am Herzen.

Einen Blick auf die Geschichte des IERM warf der Gründer und ehemalige Institutsvorstand Günter Virt. Die Gründung des Instituts sei nicht ganz einfach gewesen und habe längere Zeit gedauert. Letztlich konnte 1993 aber die Arbeit mit einer Ringvorlesung aufgenommen werden und fiel damit in die Zeit des Skandals um die Ermordung Pflegebedürftiger in Lainz Ende der 1980er Jahre oder etwa des Falls der krebskranken, damals fünfjährigen Olivia, deren Eltern aufgrund der Verweigerung notwendiger medizinischer Maßnahmen das Sorgerecht entzogen wurde. Dass ethische Fragen gerade in Grenzfällen virulent werden, zeige sich an den Diskussionen rund um Geburt und Tod des Menschen, also etwa bei Themen wie Präimplantationsdiagnostik oder Sterbehilfe. „Dabei war die Basis unserer Arbeit immer ein personales Menschenbild, wir stellten den Menschen als Person immer in den Mittelpunkt“, sagte Virt.

Mit dem aktuellen Stand und den neuen Entwicklungen im Bereich der Medizinethik und des Medizinrechts beschäftigten sich zwei Gastreferenten aus Deutschland. Georg Marckmann vom Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin an der Ludwig-Maximilians-Universität München sieht im zunehmenden ethischen Pluralismus eine Herausforderung für die Medizinethik. Dazu kämen Probleme wie der demographische Wandel. „Verteilungsgerechtigkeit wird zunehmend ein Thema werden. Wie gehen wir mit chronisch Kranken um, wie soll die Versorgung älterer, kranker Menschen aussehen?“, fragte der Mediziner. Es gehe also um die Frage „Wie sollen wir handeln?“ und die Kriterien, nach denen geurteilt werden kann. Als Medizinethiker sieht er seine Aufgabe darin, den zuständigen Menschen im Gesundheitssystem in solchen Fragen beratend zur Seite zu stehen und ihnen zu helfen, schwierige Entscheidungen zu treffen. Dahinter stehe die Überzeugung: „Jeder vernünftig denkende Mensch kann ethisch reflektieren.“

Der Jurist Stefan Huster vom Institut für Sozial- und Gesundheitsrecht an der Ruhr-Universität Bochum rechnet damit, dass es in den kommenden Jahren zu einer Liberalisierung des Medizinrechts kommen wird. Grundsätzlich habe sich der einzelne Staat weltanschaulich neutral zu verhalten, dies habe auch Konsequenzen für die Rechtsprechung. Dazu komme aber, dass einzelne EU-Staaten unter Druck geraten würden, wenn sie etwas verbieten, das in anderen Ländern erlaubt ist. „Wenn sich heute ein österreichisches Paar eine Eizellspende wünscht, die in Österreich verboten ist, kann es einfach nach Belgien reisen und diese Behandlung dort vornehmen lassen“, so Huster. Europa sei mittlerweile so etwas wie ein großes Experimentierfeld geworden, zu vielen bioethisch strittigen Themen lägen empirische Studien vor. So würden etwa Staaten wie Österreich, welche die Präimplantationsdiagnose (PID) verbieten und auf die Gefahr des Missbrauchs hinweisen, durch Staaten wie die Niederlande, Schweden oder Norwegen widerlegt, wo die PID erlaubt ist und aufgrund strenger gesetzlicher Regelungen Missbrauch verhindert werden könne.

ISSN 2222-2464

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