14.11.2021

Gott ist nicht im Himmel – der Himmel ist da wo Gott ist

Julia Schnizlein über einen Ort der Hoffnung

"Manchmal blitzt ein Stück dieses Himmels hier auf der Erde durch. In einem guten Stück Torte, gebacken von der Oma. Bei einem Spaziergang durch den Wald, schweigend an der Seite des Freundes." Foto: publicdomainpictures

Julia Schnizlein über einen Ort der Hoffnung

„Hier ist ja niemand. Gar niemand.“ Es ist schon eine Weile her, aber ich erinnere mich noch gut daran, wie enttäuscht meine Tochter war, als sie bei ihrem ersten Flug feststellen musste, dass der Himmel leer war. Kein „Vater unser im Himmel“, keine Engel, keine Menschenseele. Dabei hatten wir ihr doch immer erklärt, dass Gott im Himmel ist und dass wir uns nach dem Tod im Himmel wiedersehen werden.

Einige Zeit später glaubte sie, den Himmel entdeckt zu haben. Wir waren in einem Beinhaus, in dem seit Jahrhunderten menschliche Knochen und Schädel aufbewahrt werden. Da stellte sie begeistert fest: Hier sind die Toten – wir sind im Himmel! Leider musste ich sie wieder enttäuschen.

Die Frage, wo die Toten sind und wo dieser Himmel ist, in dem Gott zu finden ist, beschäftigt nicht nur Kinder. Klar ist, dass „Himmel“ jedenfalls nicht nur das blaue, momentan oft novembergraue Etwas über unseren Köpfen ist.
„Himmel“ hat im Deutschen dasselbe Problem wie „Schloss“ oder „Bank“: Die Mehrdeutigkeit des Wortes. Die Engländer haben daher zwei Worte, um den Himmel zu beschreiben: „Sky“ – für das Firmament und „heaven“ – für jenen Sehnsuchtsort, an dem wir Gott erahnen. Den siebenten Himmel, in dem alles himmlisch, alles schwerelos ist. Mit getrockneten Tränen und geheilten Herzen.

Diesen Ort können wir nicht sehen, nur erahnen. Manchmal blitzt ein Stück dieses Himmels hier auf der Erde durch. In einem guten Stück Torte, gebacken von der Oma. Bei einem Spaziergang durch den Wald, schweigend an der Seite des Freundes. In der festen Umarmung, die mir zeigt: Alles wird gut. In der Hand, die meine hält, wenn ich einschlafe.

Und wenn ich zum letzten Mal einschlafe, dann wird da ein Himmel sein. Daran glaube ich. Ein Himmel, in dem Gottes Gegenwart allgegenwärtig ist. Die Bibel zeichnet immer wieder wundervolle Bilder von diesem Ort, an dem es den Tod nicht mehr gibt. An dem alles gut ist. Die Hoffnungsbilder der Bibel ermutigen mich, meine eigenen Bilder zu entwerfen. Und eines darf ich hoffen: Am Ende wird es „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ geben. Am Ende wird Gott mir für immer nahe sein. Am Ende wird das Leben blühen.

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@juliandthechurch

ISSN 2222-2464

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