28.09.2013

Freikirchen in Österreich erhalten staatliche Anerkennung

Religionsunterricht ab Schuljahr 2014/2015 geplant

Die "Freikirchen in Österreich" sind nun die jüngste von insgesamt 16 staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und zählen zu den am stärksten wachsenden christlichen Gruppen in Österreich. Foto: Pressebild Freikirchen

Religionsunterricht ab Schuljahr 2014/2015 geplant

Wien (epdÖ) – Der Zusammenschluss von fünf christlichen Freikirchen in Österreich erhält die volle staatliche Anerkennung. Das bestätigte das Kultusamt am Montag, 26. August und bezeichnete den neuen Rechtsstatus der Freikirchen als eine „weltweit einzigartige“ religionsrechtliche Situation. Die entsprechende Verordnung von Unterrichtsministerin Claudia Schmied wurde am Dienstag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die „Freikirchen in Österreich“ sind somit die jüngste von insgesamt 16 staatlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich. Mitglieder des Zusammenschlusses sind die Freie Christengemeinde-Pfingstgemeinde, der Bund evangelikaler Gemeinden, der Bund der Baptistengemeinden, die Elaia Christengemeinden und die Mennonitische Freikirche.

Bereits im Juni hatte das Ministerium einen entsprechenden Verordnungsentwurf zur Begutachtung veröffentlicht, nachdem sich das freikirchliche Bündnis zu Jahresbeginn konstituiert hatte, um den Schritt vom Status einer „Religiösen Bekenntnisgemeinschaft“ hin zur anerkannten Kirche setzen zu können. Damit kommen die freikirchlichen Gemeinden gemeinsam auf jene Mitgliederzahl von zwei Promille der österreichischen Gesamtbevölkerung – derzeit etwa 17.000 Personen -, die gemäß Bekenntnisgemeinschaftengesetz für eine gesetzlichen Anerkennung nötig ist. Mit der Anerkennung ist u.a. die Möglichkeit für einen eigenen, konfessionellen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen verbunden.

Von Seiten der evangelischen wie der katholischen Kirchen wurde das Ansinnen der Freikirchen  deutlich unterstützt. In einem Schreiben an den Sprecher der Freikirchen, den baptistischen Pastor Walter Klimt, gratuliert der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker zur Anerkennung. „Die Evangelischen Kirchen in Österreich haben seit der Reformationszeit im überwiegenden Teil ihrer Geschichte Unterdrückung und Benachteiligung erlebt und genießen letztlich erst seit dem Protestantengesetz von 1961 die völlige rechtliche Gleichstellung als ´freie Kirchen in einem freien Staat´. Sie können daher nachempfinden, was Benachteiligung bedeutet und setzen sich immer wieder für die uneingeschränkte Geltung der Religionsfreiheitsrechte für Religionsgesellschaften und Kirchen in Österreich und im internationalen Rahmen ein“, schreibt der Bischof. Bünker erinnert an die Zusammenarbeit mit dem Bund der Baptistengemeinden, die seit vielen Jahren bestehe, ebenso kooperierten die Kirchen auf europäischer bzw. internationaler Ebene. Die Freikirchen seien hierzulande die unter Christen am stärksten wachsende Gruppe und als „starke Realität“ von den anderen Christen anzuerkennen, bekräftigte Kardinal Christoph Schönborn anlässlich der Antragstellung der Freikirchen auf staatliche Anerkennung.

Sprecher Walter Klimt meinte am Donnerstag, 29. August, bei einer Pressekonferenz, das gemeinsame Vorgehen sei ein „Wunder“. Die fünf Bünde „gehen unter das Dach einer Kirche und stehen zu unseren Unterschieden“. Vom neuen Recht eines eigenen Religionsunterrichts will man ab dem Schuljahr 2014/15 Gebrauch machen. Bereits jetzt sind die Freikirchen besonders stark im sozial-karitativen Bereich engagiert – ein Umstand, der die Kirchengemeinden durch die staatliche Anerkennung jetzt auch zu einem Kooperationspartner für den Staat mache, führte Klimt weiter aus. Besonders stark sei das Engagement in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit, gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel und für den umfassenden Lebensschutz, wo die christlichen Kirchen in Österreich im Rahmen der „Lebenskonferenz“ bereits seit einigen Jahren zusammenarbeiten. Mit der Anerkennung sei die lange Zeit der fehlenden Rechtspersönlichkeit der Freikirchen und die Zwischenphase als religiöse Bekenntnisgemeinschaft endlich überwunden worden, betonte Klimt. Der Vertreter der Elaia-Christengemeinde, Helmuth Eiwen ergänzte: „Wir stehen nicht mehr im Sekten-Eck“.

Die Vorbereitungen zur Erteilung des schulischen Religionsunterrichts – beispielsweise die Erstellung von Lehrplänen – sei bereits im Gange. Es sei „Ziel, ab dem Schuljahr 2014/15 mit dem freikirchlichen Religionsunterricht an der Schule zu starten“, so Reinhold Eichinger, der als Vertreter des Bundes evangelikaler Gemeinden an der Pressekonferenz teilnahm.

Hinsichtlich der Kirchenfinanzierung sind durch die Anerkennung keine Änderungen zu erwarten. Die freikirchlichen Gemeinden werden höchstwahrscheinlich bei freiwilligen Beiträgen bleiben und keinen Pflichtbeitrag mit der Möglichkeit einer steuerlichen Absetzbarkeit einführen, sagte Klimt. Die derzeit fünf vertretenen Bünde wollen freilich keine „Einheitskirche“ darstellen. Dass man eine große Bandbreite an christlichen Positionen vertrete und es da auch einige „heiße Eisen“ – Stichwort Rolle der Frauen oder Ökumene – gebe, wollte Klimt nicht verhehlen.

Die neue Religionsgesellschaft umfasst rund 160 Kirchengemeinden mit knapp 20.000 Gläubigen. Insgesamt rechnet Klimt mit „45.000 bis 60.000“ freikirchlichen Anhängern in Österreich. Die Zahl sei in den vergangenen 30 Jahren deutlich gestiegen. Dementsprechend ist man auch offen für weitere Partner in der neuen Kirche: Mit einem Bund führe man bereits Gespräche.

ISSN 2222-2464

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