28.08.2002

„Eine rasche Umverteilung von Arm zu Reich“

Im Mittelpunkt der diesjährigen Gesamtösterreichischen PfarrerInnentagung steht das Problem der Globalisierung

Im Mittelpunkt der diesjährigen Gesamtösterreichischen PfarrerInnentagung steht das Problem der Globalisierung

Waiern, 28. August 2002 (epd Ö) „Die Welt ist nicht heil, sondern es ist ungeheuerlich, was in dieser Welt passiert.“ Das sagte der Grazer Ökonom und Friedensforscher Dr. Karl A. Kumpfmüller in einem Referat zum Thema „Was ist Globalisierung?“ am 27. August auf der Gesamtösterreichischen PfarrerInnentagung in Waiern. Globalisierung definierte Kumpfmüller „nicht als Zusammenwachsen und sozio-kulturelle Vernetzung der Menschheit, vielmehr wird von einem Zentrum ausgehend die Welt erobert.“ Gemessen an diesem Zentrum, das aus den USA und Europa besteht, werden die anderen Teile der Welt zur Peripherie. Das bedeutet nach Auffassung Kumpfmüllers „eine rasche Umverteilung von Arm zu Reich, von Ohnmächtig zu Mächtig“. So habe sich der Unterschied zwischen Arm und Reich in den letzten 20 Jahren vervierfacht. Auf dem Geldsektor werden mehr als 90 Prozent der Mittel nicht für die Produktion, sondern für die Spekulation verwendet. Das gefährdet, so Kumpfmüller, die Existenz von immer mehr Menschen.

Entschieden sprach sich Kumpfmüller gegen die vom neoliberalen Wirtschaftsmodell vertretene Deregulierung der Wirtschaft aus. „Das führt in einen Dschungelkapitalismus nach dem Prinzip einer ungezügelten wirtschaftlichen Gier“, sagte der Ökonom.

Dezidierte Sprache der Kirche ist gefragt

Kumpfmüller kündigte in seinem Vortrag an, dass nach dem Zusammenbruch der Wirtschaft Argentiniens der Zusammenbruch Brasiliens unmittelbar bevorstehe. „Es wird ein wahnsinniges Elend ausbrechen aufgrund einer Verschuldung, die nicht zu kontrollieren ist“, prognostizierte der Wirtschaftswissenschaftler.

Auf Anfrage von Theologinnen und Theologen in der Diskussion erklärte Kumpfmüller, die Kirchen müssten die „Gabe der Prophetie“ ausüben. Die Verhältnisse seien so ungerecht, dass eine dezidierte Sprache und ein Eintreten für die fundamentalen Rechte der Armen erforderlich sei. „Kirchen sollen Sauerteig einer solidarischen Gesellschaft sein“, forderte Kumpfmüller. Durch den sich formierenden Widerstand neuer Bewegungen wie kirchlicher Basisgruppen oder ATTAC und ihre elektronischen Vernetzungsmöglichkeiten werde das gegenwärtig herrschende System zu Fall gebracht werden.

Die Gesamtösterreichische PfarrerInnentagung findet von 26. bis 29. August im Haus Philippus der Diakonie Waiern statt.

ISSN 2222-2464

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