25.04.2012

Bünker: ChristInnen durch Taufe miteinander verbunden

Das II. Vatikanum und Ökumene waren Thema eines Symposium in Wien

Die Begriffe "Versöhnte Verschiedenheit" und Katholizität waren die Eckpunkte im Vortrag von Bischof Michael Bünker. Foto: Stiftung PRO ORIENTE

Das II. Vatikanum und Ökumene waren Thema eines Symposium in Wien

Wien (epdÖ) – Das Ökumenismus-Dekret „Unitatis Redintegratio“, 1964 vom II. Vatikanischen Konzil verabschiedet, war Ausgangspunkt eines Symposiums, das am 23. April von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien, den Wiener Theologischen Kursen und der Stiftung „Pro Oriente“ an der Universität Wien veranstaltet wurde. Unter dem Motto „Erinnerung an die Zukunft – 50 Jahre II. Vatikanisches Konzil“ waren Kirchenvertreter, darunter Kardinal Kurt Koch, Präsident des päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, und Theologen eingeladen, sich Gedanken über jenes Dokument zu machen, das eine Öffnung der Römisch-katholischen Kirche gegenüber anderen christlichen Konfessionen darstellt.

Die Begriffe „Versöhnte Verschiedenheit“ und Katholizität bildeten die Eckpunkte im Vortrag des evangelisch-lutherischen Bischofs Michael Bünker. „Versöhnte Verschiedenheit“ dürfe nicht gleichgesetzt werden mit der Vorstellung, die eine Kirche Jesu Christi werde sich in einem unverbundenen Pluralismus präsentieren. Dahinter stecke vielmehr eine Grundüberzeugung, die auch in Unitatis Redintegratio zur Sprache käme, wonach einzelne Elemente des Heils auch außerhalb der Römisch-katholischen Kirche zu finden seien. „Uns alle verbindet das sakramentale Band der Taufe“, betonte Bünker, „dadurch sind wir eine Gemeinschaft, wenn auch nicht in aller Fülle. Manche Mängel bleiben bestehen.“ Der Geist Christi weigere sich jedenfalls nicht, auch andere Kirchen als die Römisch-katholische Kirche als Mittel des Heils zu gebrauchen. Annäherungen zwischen Lutherischer und Römisch-katholischer Kirche habe es in den vergangenen Jahren auch in der Frage nach den kirchli-chen Ämtern gegeben. „Hier scheint sich eine neue Gemeinsamkeit anzubahnen“, berichtete der Bischof.

Ein interessanter Ansatz ist für Bünker, Gemeinsames und Trennendes zwischen den Kirchen unter dem Blickwinkel der Katholizität zu betrachten. „Eine Schlüsselstellung für die zukünftigen Gespräche sollte nicht unbedingt das Kirchenverständnis als solches – das ist hinreichend geklärt, und die Unterschiede liegen klar am Tisch – und damit das Amtsverständnis sein. Ich frage, ob es nicht einmal lohnend wäre, die Bedeutung der ‚Katholizität‘ miteinander und füreinander zu überprüfen.“ Denn auf der einen Seite stelle sich die Frage, was Katholizität für die Römisch-katholische Kirche bedeute, wenn es auch außerhalb der Kirche Elemente des Heils gibt. Auf der anderen Seite gebe es neuere Entwicklungen innerhalb der Evangelischen Kirchen. „Der Protestantismus hat den Aspekt der Katholizität lange Zeit notorisch unterbewertet. Mit den Kirchengemeinschaften von Porvoo und Leuenberg verwirklichen wir jetzt ein Stück weit die Katholizität der Kirche.“

Mit dem Ökumenismus-Dekret sei in der Römisch-katholischen Kirche eine willkommene und verheißungsvolle Wende in den Beziehungen zu den anderen christlichen Konfessionen eingetreten, erklärte der rumänisch-orthodoxe Theologe Ioan Moga von der Universität Wien. Vor dem Hintergrund eines heute immer stärker werdenden Rufs nach einer „Ökumene der Ethik“ rief Moga zur verstärkten Wiederentdeckung des „geistlichen Ökumenismus“ auf. „Ökumene hat ohne eine geistliche Dimension kein Herz“, so Moga.

Das Verhältnis der katholischen Kirche zur Orthodoxie und den damit zusammenhängenden Ausdruck „Schwesterkirchen“ analysierte im Anschluss der Wiener Theologe Rudolf Prokschi vom Institut für Theologie und Geschichte des christlichen Ostens. Im Zentrum stand dabei ein vor einigen Jahren bekannt gewordener Briefwechsel zwischen dem orthodoxen Metro-politen Damaskinos und dem damaligen Kardinal Joseph Ratzinger aus den Jahren 2000 und 2001 zur Erklärung „Dominus Iesus“ und die „Note über den Ausdruck Schwesterkirchen“ der vatikanischen Glaubenskongregation aus dem Jahr 2000.

Kardinal Koch: Ökumene für die katholische Kirche „nicht Kür, sondern Pflicht“

Ein Engagement in der Ökumene ist für die katholische Kirche „nicht Kür, sondern Pflicht“ – und zwar eine Pflicht, der sich jeder Gläubige, aber auch die Kirchenspitze verpflichtet fühlen muss. Dies unterstrich Kardinal Kurt Koch beim anschließenden Vortrag an der Universität Wien. Die Spaltungen der Christenheit seien eine bis heute schmerzende Wunde, deren Heilung „dem Willen Jesu Christi“ selbst entspreche und der sich das gesamte Zweite Vatikanische Konzil zutiefst verpflichtet fühlte, erinnerte Koch. Christliche Ökumene sei „kein bloßer Zusatz oder ein Anhängsel im Leben der Kirche, sondern gehört elementar zum Wesen der Kirche“.

Ganz oben auf der ökumenischen Agenda müsse heute laut Koch die Frage nach dem Kirchenverständnis stehen. Dabei seien vor allem die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen angefragt, die beantworten müssten, ob sie die Reformation als „totalen Bruch“ verstehen oder sich in „bleibender Kontinuität mit den vorangehenden 1500 Jahren“ sehen, so Koch. Von der Klärung dieser Frage hänge „die weitere Zukunft des ökumenischen Dialogs“ ab. Sorge bereite ihm in diesem Zusammenhang eine „zunehmende und vielfältige Fragmentierung“ innerhalb des Weltprotestantismus.

Die Fragmentierung führte Koch auf ein „relativ lockeres Verständnis der Einheit der Kirche“ und zugleich auf den großen Wachstumserfolg einiger vor allem charismatischer und evangelikaler protestantischer Kirchen zurück. Man habe in der heutigen Ökumene daher nicht mehr nur mit einzelnen Lehrunterschieden zu tun, sondern mit einer „anderen ekklesialen Grundstruktur und einem anderen Typ von Kirche“, sagte der Kardinal. Ausdrücklich wehrte sich Koch jedoch gegen jüngste Versuche, einen Übergang von einem „Konsens- zum Differenzmodell“ in der Ökumene zu sehen. Dieses, etwa vom Wiener reformierten Theologen Ulrich Körtner vertretene Modell weise in eine falsche Richtung und verdeutliche eine „mangelnde Verständigung über das Ziel der ökumenischen Bewegung“.

Gleiches gelte für einen weiteren ökumenischen Streitpunkt: die Eucharistie Koch wies in seinem Vortrag alle Rufe nach einer raschen Eucharistiegemeinschaft als nächster Schritt in der ökumenischen Bewegung von sich. In diesem Punkt gebe es evangelische Gemeinschaften, so Koch, bei denen er den Eindruck habe, „das ökumenische Ziel sei nicht mehr die kirchliche Communio, sondern die eucharistische Interkommunion“ – und er fügte mit Kardinal Walter Kasper hinzu: „Das gemeinsame Mahl gehört insgesamt an das Ende und nicht an den Anfang ökumenischer Bestrebungen.“

ISSN 2222-2464

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